Die Stärkung der Sicherheit ist nicht nur eine Aufgabe der Sicherheitsbehörden, sie erfordert ein konzertiertes Vorgehen aller zuständigen Institutionen, vom Innen-, über das Justiz- bis hin zum Integrationsministerium, von den Polizei- bis zu den Sozial- und Schulbehörden. Bund und Länder arbeiten mit Hochdruck daran, die genauen Abläufe des Anschlages auf den Berliner Weihnachtsmarkt aufzuklären. Auf Grundlage der bereits vorliegenden Erkenntnisse hat die rheinland-pfälzische Landesregierung zusammen mit ihren Experten und Expertinnen die Lage im Land analysiert. „Rheinland-Pfalz ist ein sicheres Land. Die Menschen können sich darauf verlassen, dass wir weiterhin alles dafür tun werden, damit das auch in Zukunft so bleibt. Wir haben heute gemeinsam mit allen betroffenen Experten und Expertinnen analysiert, in welchen Bereichen wir unsere Arbeit z.B. durch gezielte Personalverstärkungen, besseren Informationsaustausch oder optimierte Ausrüstung noch verbessern können“, sagt Ministerpräsidentin Malu Dreyer.
Ein Ergebnis aus dem Spitzentreffen ist, dass der Informationsaustausch auf Landesebene durch eine „ständige Fallkonferenz“ intensiviert wird. Darin arbeiten Innenministerium, Justizministerium, Integrationsministerium, Ausländerbehörden, Zentralstelle für Rückführungsfragen und die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) zusammen. Präventionsmaßnahmen gegen islamistische Radikalisierung werden konsequent ausgebaut. Schulen sollen unter anderem dabei unterstützt werden, extremistische Tendenzen frühzeitig zu erkennen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Spitzentreffens Sicherheit haben auch beschlossen, beim Landesverfassungsschutz- und beim Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG) Anpassungen vorzunehmen.
Beim Spitzentreffen Sicherheit hat die Landesregierung konkrete Sofortmaßnahmen getroffen:
- Personalverstärkung im Bereich Sicherheit:
Mehr als 60 Beamtinnen und Beamte sollen bei Polizei und Verfassungsschutz unter anderem die Bereiche Gefährderüberwachung, Gefährdungsbeurteilung, Internet-Aufklärung und Auswertung sowie Entschärferdienst verstärken.
- Erweiterung der Ausrüstung und Ausstattung der Sicherheitsbehörden und der internationalen Zusammenarbeit:
Modernisierung der Videoüberwachungstechnik, mobile Kennzeichenlesegeräte, flugfähige Aufklärungskomponenten für die Spezialeinheiten und Modernisierung der Maschinenpistolen.
- Gesetzgebungsnovellen bei Landesverfassungsschutz-, Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG)
Bei der anstehenden Novelle des POGs wird unter anderem auch der landesweite flächendeckende Einsatz von Bodycams außerhalb von Wohnungen gesetzgeberisch umgesetzt. Das Spitzentreffen Sicherheit einigt sich außerdem auf die Einführung eines neuen Ordnungswidrigkeitstatbestands bei Verstößen gegen Platzverweise, Meldeauflagen und Aufenthaltsverbote, Ausweitung bedarfsgerechter Videoüberwachung sowie eine Intensivierung des anlassbezogenen Videoeinsatzes an exponierten Stellen, insbesondere auch bei Großveranstaltungen.
Personelle und technische Verstärkungen im Bereich Sicherheit/Gefahrenprävention
„Wir werden auch prüfen, inwieweit die anlassbezogene Nutzung von Kennzeichenlesegeräten zur Erfassung von Fahrzeugkennzeichen mittels einer Videokamera und deren automatischer Abgleich mit polizeilichen Fahndungsdateien ermöglicht werden kann. Im Landeshaushalt sind weitere Sachmittel für die Verbesserung der Schutzausrüstung vorgesehen. Außerdem wird die Bewaffnung der rheinland-pfälzischen Polizei weiter optimiert“, erklärt Innenminister Roger Lewentz. Verstärkt werden die Sicherheitsbehörden des Landes im Bereich der Sprengstoffsuche, der Überprüfung von Ausweisdokumenten sowie der Aufklärung aus der Luft. „Eine hochwertige Ausstattung und moderne IT-Infrastruktur sind unerlässlich für die Herausforderungen der Zukunft“, so Innenminister Roger Lewentz. Insgesamt stehen im Sachhaushalt der Polizei für das Jahr 2017 rd. 120 Millionen Euro und für das Jahr 2018 123 Millionen Euro zur Verfügung. Das ist eine Steigerung um 20 bzw. 23 Millionen Euro im Vergleich zu 2016. „Die Landesregierung spart nicht an der Sicherheit“, sagt Innenminister Lewentz.
Weiter ausgebaut werden die Kapazitäten von Polizei und Verfassungsschutz im Umgang mit Gefährdern. Dafür ist im Landeskriminalamt die Einstellung von zusätzlichen Spezialisten im Bereich der Internetaufklärung und der Islamwissenschaften vorgesehen. Bei Polizei und Verfassungsschutz werden weitere Observationsgruppen zum Einsatz kommen. Insgesamt schafft die Landesregierung in diesem Zusammenhang mehr als 60 Stellen. „Mit den von mir beschriebenen Gesetzesinitiativen, den personellen und technischen Optimierungsmaßnahmen sowie der weiteren Verbesserung der Information und Kommunikation und damit der Zusammenarbeit der Sicherheitsakteure erfahren die aktuellen Herausforderungen eine deutliche Schwerpunktsetzung durch die rheinland-pfälzische Landesregierung“, hebt Innenminister Roger Lewentz hervor.
Personelle Verstärkung und Konzentration in der Justiz
Auch Justizminister Herbert Mertin unterstreicht die gute Zusammenarbeit von Innen-, Justiz- und Integrationsministeriums. Er verweist auch auf die bereits in der Vergangenheit in die Wege geleiteten Verbesserungsmaßnahmen. „Die Konzentration der Asylverfahren beim Verwaltungsgericht Trier hat sich als Erfolgsgeschichte erwiesen. Bundesweit belegt Rheinland-Pfalz hier eine Spitzenposition bezüglich der Verfahrenserledigungen“, so Justizminister Herbert Mertin. Rheinland-Pfalz wird auf diesem Erfolg weiter aufbauen und plant deswegen am Verwaltungsgericht Trier in diesem Jahr insgesamt zwölf zusätzliche Richterstellen zu schaffen. Eine ähnliche Konzentration streben das Justiz- und das Integrationsministerium für die Bearbeitung von Abschiebehaftsachen an, indem die Zuständigkeit für diese Verfahren gebündelt wird. Mertin zeigt sich offen für eine Ausweitung der schon bestehenden Möglichkeit der Anordnung des Tragens einer elektronischen Fußfessel für Straftäter – etwa bei verurteilten Extremisten. „Wir machen keine Schnellschüsse, sondern eine seriöse Sicherheitspolitik auf einer soliden Grundlage“, betont Justizminister Herbert Mertin.
Ausbau von Präventionsprojekten
Integrationsministerin Anne Spiegel hebt hervor, dass die innere Sicherheit in Rheinland-Pfalz ganz wesentlich auf der Säule der Prävention beruht. „Je früher wir in den Radikalisierungsprozess eingreifen, desto größer ist die Chance, dass er unterbrochen werden kann“, erklärt die Ministerin und kündigt einen Ausbau der Projekte zur Vorbeugung islamistischer Radikalisierung an. „Wir stocken sie personell auf und unterwerfen sie einem kontinuierlichen Prozess der Verbesserung und Ergänzung“, so Integrationsministerin Anne Spiegel. In Schulen, Moscheevereinen und Jugendeinrichtungen werden haupt- und ehrenamtlich Tätige zum Thema religiöse Radikalisierung praxisnah geschult, damit sie im Umgang mit Kindern und Jugendlichen kompetent und handlungssicher agieren können. „Der Verklärung islamistischer Bewegungen setzen wir ein Angebot entgegen, das die jungen Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung unterstützt und ihnen Orientierung, Halt und Identifikationsmöglichkeiten in der Gesellschaft bietet“, erläutert Spiegel. Religiösen Extremisten soll, analog zum bestehenden Aussteigerprogramm für Rechtsextremisten „(R)Auswege“, der Weg aus der Gewalt geebnet werden.
Um eine bessere Verankerung der Grundsätze des demokratischen Miteinanders in der Gesellschaft zu erreichen, wird die Landesregierung unter der Federführung des Familienministeriums einen Aktionsplan gegen Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit erarbeiten. Dieser soll dazu beitragen, die vielfältigen Maßnahmen zu bündeln und übersichtlich in einen Gesamtkontext einzuordnen. Zur Erhöhung der Wirksamkeit wird die Erstellung des Landesaktionsplanes mit wichtigen zivilgesellschaftlichen Gruppen abgestimmt.
Im Umgang mit Gefährdern fordert Spiegel eine Lösung, die sich nicht auf die Abschiebehaft konzentriert. Ministerin Spiegel weist darauf hin, dass der größte Teil der Gefährder nicht vollziehbar ausreisepflichtig ist, etwa weil die Personen die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Abschiebehaft komme für diesen Personenkreis daher nicht in Betracht. „Wir benötigen Lösungen, die für alle Gefährder greifen. Diese sehe ich im Bereich des Strafrechts und der Gefahrenabwehr“, sagt die Integrationsministerin.
Sie betont, dass die Landesregierung alle Möglichkeiten konsequent nutzt, damit ausländische Gefährder die Bundesrepublik wieder verlassen. Das Spitzentreffen Sicherheit kommt zu dem Ergebnis, dass eine bessere Zusammenarbeit der beteiligten Behörden und ein verbesserter Datenaustausch - auch auf europäischer Ebene - notwendig ist. „Wir setzen uns beim Bund dafür ein, dass die Datensätze des Ausländerzentralregisters ausgeweitet werden, etwa um Daten zu strafrechtlichen Verurteilungen“, so Spiegel.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Spitzentreffens Sicherheit sind sich einig, dass Personen, die vollziehbar ausreisepflichtig sind und von denen eine Terrorgefahr ausgeht, in Abschiebehaft genommen werden.
Ministerpräsidentin Malu Dreyer zeigt sich mit den Ergebnissen des Spitzentreffens Sicherheit sehr zufrieden. „Die rheinland-pfälzische Regierung handelt in Fragen der inneren Sicherheit entschieden mit Sofortmaßnahmen, die wir alleine durchsetzen können und wir stoßen Veränderungen an, wo wir den Bund brauchen. Wir setzen in Rheinland-Pfalz konsequent auf Prävention und schützen die Bürgerrechte“, sagt Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Die Vorschläge der Landesregierung seien sachlich fundiert, lösungsorientiert und verhältnismäßig. „Die Sicherheit aber auch die Freiheit unserer Bürgerinnen und Bürger sind bei uns in guten Händen“, so Ministerpräsidentin Malu Dreyer. „Mein Dank gilt heute allen, die bei der Polizei, den Ausländerbehörden, der Justiz und in der Integration in den vergangenen Monaten hervorragende Arbeit geleistet haben.“