"Willy Brandt selbst musste vor dem Nazi-Terror fliehen. Als deutscher Kanzler hat er die Schuld der Nation für Millionen Opfer der Shoa anerkannt. Sein Kniefall hat eine neue Ostpolitik möglich gemacht und zur Beendigung des Kalten Krieges beigetragen. Dafür hat Willy Brandt 1971 den Friedensnobelpreis erhalten", erinnerte Ministerpräsidentin Malu an die unvergessene Geste des damaligen Bundeskanzlers bei der Kranzniederlegung am Mahnmal des Warschauer Ghettos am 7. Dezember 1970.
Willy Brandt habe mit seinem Kniefall umfassende Verantwortung für die Vergangenheit übernommen, aber auch für eine friedliche Zukunft in Europa. Der Kniefall habe das Bild Deutschlands in der Welt nachhaltig verändert. „Es war der richtige Moment, um Demut zu zeigen und den anderen Staaten das aufrichtige Interesse an einer Annäherung zu beweisen“, so die Ministerpräsidentin. Besonders für Polen sei diese Symbolik neben der vertraglichen Sicherheit der eigenen Westgrenzen wichtig gewesen.
Als Ministerpräsidentin sei auch ihr die Aussöhnung mit Polen wichtig. „Ich suche die Gespräche und den Austausch mit den Menschen vor Ort, besonders in der Woiwodschaft Oppeln, mit der Rheinland-Pfalz seit mehr als 25 Jahren eine enge Partnerschaft pflegt. Noch immer beeindruckt mich die diplomatische Leistung und die Größe Polens, Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg die Hand zu reichen und uns heute freundschaftlich verbunden zu sein“, so Ministerpräsidentin Malu Dreyer.
Den erneuten Aufstieg des Nationalegoismus in einigen Teilen Europas, mit dem auch demokratische Institutionen und Werte in Frage gestellt werden, sieht die Ministerpräsidentin mit tiefer Sorge: „Wenn diejenigen, die sich für eine starke Demokratie und offene Gesellschaften einsetzen, angefeindet werden, müssen wir mit der ganzen Kraft der demokratischen Mehrheit dagegenhalten. Wir brauchen eine solidarische europäische Gemeinschaft mit Werten und Regeln, die nicht verhandelbar sind. Auch das ist eine Botschaft, die ich mit Willy Brandt verbinde.“
Rheinland-Pfalz sei für sie ein Land der guten Nachbarschaft, in dem tagtäglich gute europapolitische Praxis gelebt wird. „50 Jahre nach dem Kniefall von Warschau ist klar: Wir werden unsere Vergangenheit niemals vergessen und uns auch in Zukunft mit aller Kraft für ein Europa der starken Partnerschaften, der engen Verbundenheit und des friedlichen Miteinanders einsetzen“, betonte die Ministerpräsidentin.
Zum 50. Jahrestag des Kniefalls von Warschau hat die Bürgerstiftung Unkel “Willy-Brandt-Forum” zu einer Gedenkfeier eingeladen, die aufgrund der Corona-Pandemie digital stattfinden muss. Die Festrede wird der Präsident der Europäischen Volkspartei und ehemalige Präsident des Europäischen Rates, Donald Tusk, halten. Außerdem sprechen Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Brigitte Seebacher. Die Veranstaltung wird als Video auf der Webseite des Willy-Brandt-Forums am 6. Dezember 2020 um 11 Uhr eingestellt.