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Einfacheres und gerechteres Rundfunkfinanzierungsmodell

Ministerpräsident Kurt Beck, Vorsitzender der Rundfunkkommission der Länder, und Ministerpräsident Stefan Mappus, Koordinator für Medien der unionsgeführten Länder teilten mit, dass sich die Regierungschefs der Länder in Berlin auf einer Sitzung der Rundfunkkommission auf ein einfacheres und gerechteres Rundfunkfinanzierungsmodell geeinigt haben.
TV-Nachrichten; Bild: dpa

So werde es in Zukunft keine Rundfunkgebühr mehr pro Gerät, sondern einen Rundfunkbeitrag pro Haushalt (Wohnung) und Betriebsstätte geben.

"Ziel der Länder ist es, eine gerechte und zukunftssichere Finanzierung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf eine zeitgemäße Grundlage zu stellen, die Kontrollbedürftigkeit innerhalb des Systems deutlich zu reduzieren und vor allem auch die Privatsphäre der Rundfunkteilnehmer zu schonen. Mit dem geräteunabhängigen Rundfunkbeitragsmodells entfallen die Mehrfachbeitragspflichten in Haushalten wie zum Beispiel für Kinder mit eigenem Einkommen“, so Beck und Mappus.

Mit einem Beitrag pro Haushalt (Wohnung) seien alle Nutzungsmöglichkeiten der dort leben Personen (Fernsehen, Hörfunk, Telemedien, PC, Autoradio) abgegolten. Gleiches gelte auch im nichtprivaten Bereich. Dort soll pro Betriebsstätte, gestaffelt nach der Zahl der Mitarbeiter, der Beitrag erhoben werden. Für Kleinbetriebe mit bis zu vier Mitarbeitern gelte ein ermäßigter Beitragssatz von einem Drittel.

Die Höhe des Beitrags soll von der bisherigen Gebühr von 17,98 Euro nicht abweichen, eine Differenzierung zwischen Grund- und Fernsehgebühr (Unterscheidung TV, Radio, Handy und PC) fällt damit weg. Die Regierungschefs beauftragen mit ihrer Entscheidung auf der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin die Rundfunkkommission der Länder mit der Ausarbeitung eines Staatsvertragstextes, der den Modellwechsel zur nächsten Gebührenperiode im Jahr 2013 festlegen soll. Im Rahmen dieser Ausarbeitung wird auch eine öffentliche Anhörung stattfinden.

Die Regierungschefs der Länder sehen ihre Einschätzung eines grundsätzlichen Reformbedarfs bei der Rundfunkgebühr auch mit dem Gutachten des Heidelberger Steuerrechtlers und ehemaligen Bundesverfassungsrichters Prof. Paul Kirchhof bestätigt. Dieser hatte vor wenigen Wochen in seinem Gutachten die Reformüberlegungen der Länder gestützt.



Eckpunkte zur Neuordnung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks:

I. Wechsel zu einem geräteunabhängigen Rundfunkbeitragsmodell


1. Ziele des Modellwechsels

- Die Konvergenzproblematik der Geräte wird gelöst.
- Für den typischen Privatnutzer erhöht sich die bisherige Belastung in Höhe von 17,98 € nicht.
- Eine verlässliche zeitgemäße Basis für die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird geschaffen.
- Der Aufwand für Datenerhebung und Kontrolle durch Beauftragte wird verkleinert. Das Betreten der Wohnung ist nicht mehr erforderlich, weil nicht mehr überprüft werden muss, ob und wo ein Gerät bereitgehalten wird.
- Privater und nichtprivater Bereich (Wirtschaft und öffentliche Hand) tragen im bisherigen Umfang zur Finanzierung bei.


2. Grundstruktur des Modells

- Geräteunabhängiger Rundfunkbeitrag mit Beitragspflicht für jeden Haushalt und jede Betriebsstätte (nur noch ein Beitrag pro Haushalt/bei Betriebsstätte, gestaffelt nach Mitarbeitern).
- Anknüpfungspunkt ist die Haushaltsgemeinschaft in einer Wohnung/eine Betriebsstätte (typische Nutzungsmöglichkeit der Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowohl im privaten als auch im nichtprivaten Bereich).
- Die Höhe des Beitrags ist einheitlich berechnet auf Grundlage der bisherigen vollen Rundfunkgebühr (derzeit monatlich 17,98 €). Die Differenzierung zwi¬schen Grund- und Fernsehgebühr und damit zwischen TV, Radio, Handy und PC wird aufgegeben.


3. Privater Bereich

- Es muss nur ein Beitrag für alle in einer Wohnung wohnenden Personen geleistet werden. Es wird nicht mehr unterschieden zwischen Ehegatte und sonstigen Lebenspartnern.
- Es besteht Gesamtschuldnerschaft aller volljährigen Bewohner.
- Die Beitragspflicht für Minderjährige mit eigenem Einkommen entfällt.
- Für Zweit-/Ferienwohnungen ist ein ermäßigter Beitrag in Höhe von einem Drittel des Rundfunkbeitrages zu entrichten.


4. Nichtprivater Bereich

- Im nichtprivaten Bereich wird der Beitrag pro Betriebsstätte erhoben und nach der Anzahl der regelmäßig dort be¬schäftigten Personen gestaffelt:
„1. bis vier Beschäftigte ein Drittel des Rundfunkbeitrags,
 2. mit fünf bis 14 Beschäftigten einen Rundfunkbeitrag,
 3. mit 15 bis 49 Beschäftigten zwei Rundfunkbeiträge,
 4. mit 50 bis 249 Beschäftigten vier Rundfunkbeiträge,
 5. mit 250 bis 499 Beschäftigten acht Rundfunkbeiträge,
 6. mit 500 bis 999 Beschäftigten zwölf Rundfunkbeiträge,
 7. mit 1.000 bis 4.999 Beschäftigten 20 Rundfunkbeiträge,
 8. mit 5.000 bis 9.999 Beschäftigten 60 Rundfunkbeiträge,
 9. mit 10.000 bis 19.999 Beschäftigten 100 Rundfunkbeiträge,
 10. mit 20.000 oder mehr Beschäftigten 150 Rundfunkbeiträge.“
- Wegfall des Beitrags für die berufliche Nutzung in einer privaten Wohnung (Arbeitszimmer).
- Für alle nichtprivaten Kfz ist ein ermäßigter Beitrag in Höhe von einem Drittel des Rundfunkbeitrages zu entrichten.
- Betriebe, in denen typischerweise Geräte Dritten zur Nut¬zung überlassen werden (z.B. Hotels), unterliegen einer zusätzlichen Beitragspflicht in Höhe von einem Drittel des Rundfunkbeitrages pro Zimmer.
- Weiterhin beitragspflichtig bleibt die öffentliche Hand.


5. Befreiungsrecht

- Die einkommensabhängigen Befreiungstatbestände im privaten Bereich bleiben unverändert; für bestimmte „Härtefälle“ (Grenzfälle) werden zusätzliche Befreiungsmöglichkeiten vorgesehen.
- Die Befreiung wirkt für den Beitragspflichtigen und seinen Ehegatten oder Lebenspartner sowie die Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft.
- Eine rückwirkende Befreiung ist bei entsprechendem Sozialbescheid möglich (Antragstellung innerhalb von zwei Monaten ab Ausstellungsdatum).
- Finanziell leistungsfähige Menschen mit Behinderungen haben einen ermä¬ßigten Beitrag in Höhe von einem Drittel des Rundfunkbeitrages zu entrichten, sofern sie nicht einen Befreiungsgrund geltend machen können. Damit kann die Finanzierung barrierefreier Angebote erleichtert werden.
- Die Befreiungstatbestände im nichtprivaten Bereich für die bisher begünstigten Einrichtungen können entfallen, da die Beitragslast durch die Staffelregelung bereits vermindert ist. Für bestimmte nichtprivate Einrichtungen (gemeinnützige Einrichtungen der Jugend- und Altenhilfe, für Behinderte, Suchtkranke und Nichtsesshafte, eingetragene gemeinnützige Vereine und Stiftungen, Schulen und Uni¬ver¬sitäten, Feuerwehr, Polizei, Bundeswehr und Katastrophenschutz) ist der Rundfunkbeitrag jedoch auf höchstens einen Beitrag pro Betriebsstätte begrenzt.


6. Sonstiges

- Der bestehende Datenbestand wird grundsätzlich übernommen bei Korrekturmöglichkeit durch die Beitragspflichtigen, d.h. keine gesonderte Datenerhebung.
- Ein einmaliger stichtagsbezogener Meldedatenabgleich zur Überprüfung des Datenbestandes wird durchgeführt.
- Die durch den Modellwechsel verursachten Einnahmeverschiebungen innerhalb der ARD werden intern ausgeglichen.



II. Werbung/Sponsoring

- Zum 1. Januar 2013 werden Werbung und Sponsoring im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gleichbehandelt, das heißt kein Sponsoring an Sonn- und Feiertagen und nach 20.00 Uhr an Werktagen mit Ausnahme von großen Sportereignissen.
- Die finanziellen Auswirkungen des Modellwechsels bei der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks werden mit dem 19. KEF-Bericht Ende 2013 festgestellt.
 Die KEF wird gebeten, in dem 19. KEF-Bericht ebenfalls ihre Berechnungen zu den finanziellen Auswirkungen einer Reduzierung der Werbung und des Sponsorings, die sie bereits mit dem 15. Bericht vorgelegt hat, zu aktualisieren.
- Auf der Basis des 19. KEF-Berichts und der aktualisierten Zahlen soll auch die Frage der Werbung und des Sponsorings im öffentlich-rechtlichen Rundfunk entschieden werden. Dabei soll auch die Frage einer stufenweise weiteren Reduzierung behandelt werden.



III. Finanz-/Strukturausgleich

- Für die laufende Gebührenperiode wurden beim Finanz- und Strukturausgleich Zwischenlösungen innerhalb der ARD gefunden (Jahres-MPK 2008, TOP 1.3, Beschlusspunkte Nr. 1 - 3) und der MPK berichtet.
- Eine dauerhafte Lösung steht aus. Zwischen den ARD-Landesrundfunkanstalten bedarf es unter Beibehaltung der Einheitsgebühr spezifischer Ausgleichsmechanismen, die der föderalen Rundfunkstruktur in Deutschland gerecht werden (Jahres-MPK 2008, TOP 1.3, Beschlusspunkt Nr. 4).
- Nach der Entscheidung für einen Rundfunkbeitrag wird nun die ARD gebeten, bis zur Jahres-MPK 2011 einen gemeinsamen Vorschlag zum Finanz- und Strukturausgleich zu unterbreiten (vgl. vorgenannter Beschlusspunkt Nr. 4).



IV. Beitragsstabilität

 Die Länder bekräftigen ihre gemeinsame Protokollerklärung zum 12. RÄStV. Sie sind sich angesichts der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der Entwicklung der Haushalte der öffentlichen Hand und der Belastung der privaten Haushalte ihrer Verantwortung bewusst, eine angemessene Belastung der Beitragszahler zu gewährleisten. Unabhängig von den von den Ländern erwarteten Rationalisierungsmaßnahmen der Anstalten werden die Länder den in den jeweiligen Landesgesetzen und den Rundfunkstaatsverträgen definierten Auftrag, welcher Grundlage des von der KEF festzustellenden Finanzbedarfs ist, in seinem Umfang überprüfen.

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