Neujahrsansprache von Ministerpräsident Kurt Beck

Liebe Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz, der Jahreswechsel ist ein Moment des Innehaltens. Das Jahr 2010 liegt mit seinen Möglichkeiten und Herausforderungen vor uns. Hoffentlich haben Sie die Weihnachtstage behaglich und bequem genießen dürfen.
Sektgläser; Bild:dpa

Entspannung und Abschalten sind von Zeit zu Zeit nötig, um unsere Kräfte zu sammeln. An der Schwelle eines neuen Jahres blicken viele von uns zurück, aber auch vorsichtig nach vorn. Wir stellen uns die Fragen: Wie haben wir die Vergangenheit gemeistert? Was wird in Zukunft sein?


Liebe Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer,

wir können mit Zuversicht das Jahr 2010 anfangen. Wegen der Wirtschaftskrise haben wir vor einem Jahr so schnell wie möglich gehandelt. Durch unseren Pakt für Rheinland-Pfalz haben wir Arbeitsplätze gesichert, Unternehmen geholfen, besonders dem Mittelstand, und nachhaltige Investitionen getätigt, vor allem im Bildungsbereich. Ich bin stolz darauf: Rheinland-Pfalz hat am schnellsten von allen Ländern in der Krise Investitionen umgesetzt. Das enge Miteinander hat sich bewährt. Und dafür habe ich allen Grund dankbar zu sein. Wirtschaft, Gewerkschaften, Kommunen, die Kirchen, freie Träger von öffentlichen Einrichtungen und unser Land haben sich in außergewöhnlicher Form zusammengefunden.
Gemeinsam haben wir die konjunkturelle Herausforderung angenommen, gemeinsam sind wir die Folgen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise angegangen. Inzwischen zeigen sich positive Wirkungen: Die Wirtschaft hat von Aufträgen profitiert. Es gibt wieder ein deutliches Plus bei der Gründung neuer Unternehmen. Die Krise geht nicht an uns vorbei, aber der rheinland-pfälzische Arbeitsmarkt ist robust: Wir haben nach wie vor die drittniedrigste Arbeitslosenquote im Ländervergleich. Das alles sind Zeichen der Hoffnung. Sie zeigen: Unser gemeinsames Handeln hat Erfolg. Aber wir sind noch nicht über den Berg. Es müssen weiterhin die richtigen Impulse gesetzt werden.


Liebe Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer,

ein weiteres wichtiges Projekt in den kommenden Jahren ist die Kommunal- und Verwaltungsreform. Unser Ziel sind leistungsfähige und bürgernahe Verwaltungen, die für die nächsten 30 Jahre Bestand haben. Sie erwarten zu Recht Verwaltungen, die freundlich und schnell Ihre Anliegen bearbeiten. Das gilt für die Ausstellung des Führerscheins genauso wie für den Bauantrag oder für die Genehmigung einer Firma. Wir betreiben diese Reform natürlich nur gemeinsam mit Ihnen, denn Ihre Erfahrung und Ihre Meinung zählen. Wir wollen mit Ihnen unser Land zukunftsfest machen. Mein Dank gilt allen, die ihre Ansicht zur Reform geäußert, die sich an Umfragen beteiligt haben. Sie haben uns mit Ihrer Rückmeldung bestärkt: Unser Konzept ist richtig und zukunftsweisend.


Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

unsere Zukunft hängt entscheidend davon ab, ob es uns gelingt, unser Bildungssystem weiter zu entwickeln. Ich bin mir bewusst: Bildungschancen sind Lebenschancen. Mit unseren Ganztagsschulen haben wir die Chancen für Kinder unterschiedlicher Herkunft und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert. Ich will Ihnen weitere Beispiele nennen: Bis zum Jahr 2011 werden mindestens ein Drittel aller Schulen Ganztagsschulen sein. Allen Schülerinnen und Schülern eröffnen wir schrittweise die Möglichkeit, Schulbücher günstig auszuleihen; die Kosten für die Eltern sinken erheblich. Wir stellen als erstes Land den Besuch von Kindertagesstätten ab zwei Jahren beitragsfrei. Unter den westlichen Ländern liegt unser Land bei dem Ausbau der Kindergärten vorne. Gleichzeitig gibt es einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz. Was unsere Hochschulen betrifft: Die Rahmenbedingungen aller Studiengänge werden bis spätestens Mitte 2010 überprüft. Die Studierenden werden eingebunden. Wir halten weiter am gebührenfreien Erststudium fest. Damit ist Rheinland-Pfalz das erste Land, das von der Kindertagesstätte bis zum Hochschulabschluss Bildung nicht zu einer Frage der persönlichen finanziellen Mittel macht.
Bildung muss höchste Priorität haben, jedes Kind sollte einen Schul- und Berufsabschluss schaffen können.


Liebe Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer,

wir lernen aus der Finanzkrise: Wir brauchen eine Wirtschaft, in der nicht Wettbewerb um die niedrigsten Löhne und Steuern zählt, sondern Wettbewerb um beste Produkte und hervorragende Dienstleistungen. Dies muss auch für die Finanzbranche gelten. Banken sollten sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren, die Wirtschaft mit Kapital zu versorgen und den Menschen sichere Spar- und Anlageformen bieten.
Uns ist aber auch bewusst: Unser Land ist reich an Menschen, die sich für andere einsetzen. Dieser Reichtum ist größer und nachhaltiger als jedes finanzielle Vermögen. Ich bin froh, dass wir mit unserem ehrenamtlichen Engagement an der Spitze der Länder stehen. Fast 40 Prozent von Ihnen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, setzen sich ehrenamtlich ein, tun weit mehr als ihre Pflicht. Sie tragen zu einer Bürgergesellschaft bei, mit der wir die Herausforderungen der Zukunft bewältigen. Ehrenamtliches Engagement ist für mich kein Ersatz für unsere gute Sozialpolitik. Aber ohne den aktiven Einsatz der vielen Freiwilligen unter Ihnen wäre Rheinland-Pfalz wesentlich ärmer.

Manchen von Ihnen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, hat das zurückliegende Jahr Anlass zu Kummer gegeben. Durch private Rückschläge oder durch den Verlust des Arbeitsplatzes. Deshalb bleibt unser wichtigstes Ziel: die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen. Das ist besonders in diesen Zeiten nicht einfach. Wir werden Schritt für Schritt dorthin gelangen. Was in diesem Zusammenhang den Nürburgring betrifft: Ja, es sind Fehler passiert. Aber der Nürburgring eröffnet neue Chancen für Arbeit und für Wertschöpfung und keine Belastung für den Steuerzahler. Er ist ein entscheidender Wirtschaftsfaktor für die Region und ein internationales Aushängeschild unseres Landes.


Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

gerade im Europäischen Jahr zur Bekämpfung sozialer Ausgrenzung und Armut sage ich Ihnen: Wirtschaftliche Verantwortung und soziale Gerechtigkeit werden weiterhin mein Handeln prägen.


Liebe Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer,

Willy Brandt hat einmal gesagt: „Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten.“ Lassen Sie uns miteinander das kommende Jahr gestalten. Unser Miteinander hat sich in der Krise bewährt. Es wird sich auch zukünftig bewähren. Wir haben bei allem Realismus guten Grund, mit Hoffnung und Zuversicht das neue Jahr zu beginnen.
Ich werde auch 2010 meine ganze Kraft dafür einsetzen, dass Rheinland-Pfalz ein stabiles Land bleibt und weiter voran kommt.


Ihnen allen wünsche ich ein gesundes, friedliches und erfolgreiches Jahr!

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