Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes Rheinland-Pfalz/Saarland, Dietmar Muscheid, und der Präsident der Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz (LVU), Dr. Gerhard Braun, wurden zu einem Gespräch über mögliche Folgen eines Brexits für Beschäftigte und Unternehmen in Rheinland-Pfalz eingeladen. An dem Gespräch nahm auch Finanzministerin Doris Ahnen teil. „Die Landesregierung wird die Entwicklungen genauestens verfolgen und in enger Abstimmung mit den Sozialpartnern agieren“, betonte Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Sie forderte die Europäische Union auf, durch konsequentes und umsichtiges Handeln einer Verunsicherung der Wirtschaft und der Beschäftigten entgegenzuwirken. „Der Brexit ist ein schwerer Schlag, aber nicht das Ende von Europa“, so Ministerpräsidentin Malu Dreyer.
Wirtschaftsminister Volker Wissing schloss sich dieser Auffassung an und wies darauf hin, dass sein Haus sich bereits in engem Austausch mit der Wirtschaft befinde, um möglichst früh auf negative Entwicklungen reagieren zu können. „Die Entwicklungen an den Finanzmärkten und die sich abzeichnenden Auswirkungen auf die Wirtschaft und damit auf die Beschäftigten zeigen schon heute, dass die Renationalisierung, wie sie auch in Deutschland von bestimmten politischen Kräften betrieben wird, keine Lösung, sondern eine ernsthafte Gefahr für unsere Demokratie, unsere Gesellschaft und unseren Wohlstand ist“, so Wirtschaftsminister Wissing. Er forderte die Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz auf, das Geschehen in Großbritannien genau zu verfolgen und sich die Frage zu stellen, ob sie so etwas auch für sich und ihr Land wünschten. „Der Brexit wird vielen Menschen in Deutschland bewusst machen, dass wo Alternative draufsteht, keine sinnvolle Alternative drin ist“, so Wissing.
Finanzministerin Doris Ahnen zufolge habe die Brexit-Entscheidung auf den internationalen Finanzmärkten für merkliche Unsicherheit und starke Schwankungen gesorgt. Das Gebot der Stunde sei es daher, unnötige Verunsicherungen zu vermeiden. „Jetzt ist es wichtig, dass der britische Austritt in einem ordentlichen und zügigen Verfahren erfolgt, das in eindeutigen Regelungen mündet. Wenn sich die grundlegenden Rahmenbedingungen für viele Akteure plötzlich ändern, so erzeugt das problematische Investitionszurückhaltung. Auch im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung bedarf es deshalb Leitplanken für die zukünftigen Verhandlungen“, so Finanzministerin Doris Ahnen.
Verbraucherschutzministerin Anne Spiegel sagte: „Ich bedauere das Votum der Britinnen und Briten sehr und befürchte, dass der Brexit enorme politische und wirtschaftliche Auswirkungen sowohl auf die Menschen in Großbritannien, als auch auf die EU haben wird - möglicherweise in größerem Ausmaße, als wir dies bisher auch nur erahnen können. Wir müssen in der Europäischen Union nun alles daran setzen, dass wir das, was uns verbindet, wieder mehr in den Fokus rücken - egal, welchen Herausforderungen wir uns gemeinsam stellen müssen. Darüber hinaus muss es der EU zukünftig wieder besser gelingen, für gemeinsame Probleme gemeinsame Lösungen zu finden."
Der Vorsitzende des DGB Rheinland-Pfalz/Saarland, Dietmar Muscheid warnte vor einer sozialen, demokratischen Schieflage durch den Brexit: „Den politisch Verantwortlichen muss klar sein, dass es jetzt nicht einfach weitergehen kann wie bisher. Der Brexit ist nicht der Auslöser, sondern das Symptom vielfältiger sozialer und demokratischer Schieflagen innerhalb Europas. Damit die großartige Idee eines friedlichen und solidarischen Europas nicht scheitert, muss die Europäische Union die echten Ängste und Sorgen der Menschen ernstnehmen. Die Europäische Union muss mehr sein als eine Wirtschafts- und Handelsgemeinschaft. Wir brauchen einen Aufbruch in ein neues, sozialeres und demokratischeres Europa der Bürgerinnen und Bürger. Herausforderungen wie Arbeitslosigkeit und Armut müssen ehrlich benannt und gemeinsam bekämpft werden. Der wichtigste Verdienst der europäischen Annäherung ist, dass wir seit 70 Jahren in Frieden leben. Deshalb braucht Europa nicht mehr Isolation und Nationalstaaterei, sondern mehr Miteinander und Solidarität. Europa muss wieder näher zu den Menschen rücken.“
Der Präsident der LVU Rheinland-Pfalz Gerhard Braun warnte vor den wirtschaftlichen und politischen Folgen des Ausscheidens Großbritanniens aus der Europäischen Union: „Wir bedauern den Ausgang des Referendums sehr. Nun kommt es darauf an, dass die Austrittsverhandlungen zügig geführt und zu einem Abschluss gebracht werden, der Großbritannien als Teil des Europäischen Binnenmarktes erhält. Die gegenseitigen Abhängigkeiten sind viel zu groß, als dass wir uns die weitgehende Desintegration des Vereinigten Königreiches leisten könnten. Das Land ist das viertwichtigste Exportland rheinland-pfälzischer Güter. Vor allem die Kraftfahrzeugindustrie, der Maschinenbau und die Chemie wären von einem Einbruch des Warenaustauschs negativ betroffen.
Die Entscheidung ist aber auch bitter für die EU. Großbritannien steht für eine marktwirtschaftliche Politik des freien Handels. Diese Stimme wird zukünftig in der EU fehlen und Deutschland verliert damit einen wichtigen Verbündeten. Und nicht zuletzt die Briten selbst werden den Brexit zu spüren bekommen. Alleine die Diskussion und Unsicherheit im Vorfeld des Referendums haben zu einem drastischen Rückgang der Investitionen in Großbritannien geführt. Das sind schlechte Vorzeichen für die weitere Entwicklung."
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Europa
Folgen eines Brexits
Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat gemeinsam mit Wirtschaftsminister Volker Wissing und Verbraucherschutzministerin Anne Spiegel zu einem Gespräch über mögliche Folgen eines Brexits eingeladen.

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