| Ministerrat und Evangelische Kirche

Gemeinsam gegen Rechtsextremismus

„Strategien zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und zur Armutsbekämpfung sowie die Fluglärmsituation im Rhein-Main-Gebiet und die Finanzierung der Kindertagesstätten standen heute im Mittelpunkt unseres Meinungsaustausches“, sagte Ministerpräsident Kurt Beck im Anschluss an das Gespräch des Ministerrates mit den Kirchenleitungen der Evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz.
Treffen der Landesregierung mit der Evangelischen Kirche; Bild Pipprich / © Staatskanzlei

„Die Bekämpfung des Rechtsextremismus hat für die Landesregierung nicht erst seit den jüngsten Ereignissen höchste Priorität. Der Kampf gegen Intoleranz und Fremdenhass betrachten wir als dauerhafte Querschnittsaufgabe aller Ministerien“, so Beck.

Die zahlreichen Maßnahmen beruhten auf umfassender Prävention, konsequenter Repression und Hilfen für Menschen, die den Ausstieg suchten, fügte Innenminister Roger Lewentz hinzu. In Rheinland-Pfalz sei im Vergleich zu anderen Bundesländern rechtsradikales Denken relativ weniger verbreitet. Darauf aufbauend solle in Zukunft die Vernetzung der staatlichen und kirchlichen Stellen, Vereinen und Verbänden und die Förderung von Initiativen gegen Rechtsextremismus intensiviert werden.

Präses Nikolaus Schneider betonte die „besondere geschichtliche Verantwortung Deutschlands“ im Kampf gegen Rechtsradikalismus. Dies gelte auch für die evangelische Kirche. Für sie sei „der Kampf gegen Rechts eine zutiefst geistliche Herausforderung“. Ihren öffentlichen Widerspruch vertrete die Kirche in Predigten, Beiträgen zur Erinnerungskultur, in Unterrichtsmodellen zur Gewaltüberwindung und zur Annahme der Fremden im Religions- und Konfirmandenunterricht sowie in der kirchlichen Jugend- und Sozialarbeit.

Als einen weiteren  Schwerpunkt der Landesregierung bezeichnete Staatsministerin Malu Dreyer die Bekämpfung und Vermeidung von Armut. Arbeitslosigkeit, Niedriglöhne und atypische Beschäftigungsverhältnisse wie Teilzeitbeschäftigung, geringfügige Beschäftigung, Leiharbeit, befristete Arbeitsverträge und Werkverträge zählten zu den wichtigsten Ursachen für Armut. Die Arbeitslosenquote in Rheinland-Pfalz sei im Vergleich zum Vorjahr sogar um 0,4 Prozent zurückgegangen, aber befristete und geringfügige Beschäftigung, Teilzeitbeschäftigung, Leiharbeit und auch die Arbeitslosigkeit junger Menschen unter 25 Jahren habe in den letzten Jahren zugenommen. Das Land wirke dem mit vielen Projekten entgegen etwa für betriebliche Weiterbildung, altersgerechtem Arbeiten, Unterstützung von Familien und Alleinerziehenden und den Ausbau von Bildungs- und Betreuungsangeboten für Kinder aus armen Familien.

Als „großes Problem der Zukunft“ bezeichnete Kirchenpräsident Volker Jung die Altersarmut. Bis 2030 werde sich die Zahl der Senioren, die Grundsicherung benötigten, auf etwa 10 Prozent vervierfachen, zitierte Jung den Paritätischen Wohlfahrtsverband. Zu den vielfältigen Gründen zählte Jung neben der „Erosion von Normalarbeitsverhältnissen“ auch die Unterbrechung der Berufstätigkeit für Kinder oder pflegebedürftige Eltern, die vor allem Frauen leisteten. Insbesondere „die strukturelle Benachteiligung von Familien in der Sozial- und Rentenversicherung müsse endlich beendet werden“, forderte Jung. Die Gesellschaft müsse „der generativen Leistung von Familien gerecht werden“, wie vom Bundesverfassungsgericht mehrfach gefordert. „Dabei geht es nicht um die Bestrafung von Kinderlosen, sondern darum, die über Jahrzehnte bestehende Benachteiligung von Familien aufzuheben“, betonte Jung.

Einigkeit herrschte zwischen Landesregierung und Kirchenvertretern auch beim Thema Fluglärm in der Rhein-Main-Region: „Hier sind die Grenzen der Belastungen erreicht“, erklärten Ministerpräsident Beck und Kirchenpräsident. Bereits 2008 habe die Synode der EHKN gegen den Ausbau des Flughafens außerhalb der Mediationsergebnisse votiert und in einer Resolution vom Mai 2011 für ein erweitertes, absolutes Nachtflugverbot in der gesetzlichen Nacht (22 - 6 Uhr) plädiert. Die Landesregierung unterstützt aktuell die Klage mehrere Gemeinden aus Rheinhessen gegen die geänderten Flugrouten.

„Wir haben heute erneut festgestellt, wie wichtig der kontinuierliche Dialog mit den Kirchen ist. Das kirchliche Wirken in unserer Gesellschaft z.B. in Schulen, Altenheimen, Krankenhäusern und Kindergärten kann nicht ausreichend gewürdigt werden. Ich sehe unsere partnerschaftliche Zusammenarbeit auf einem guten Weg“, so Ministerpräsident Kurt Beck. Kirchenpräsident Christian Schad betonte das „über die Jahre gewachsene gegenseitige Vertrauen“. Dabei achteten und respektierten beide Seiten ihre „je verschiedene Verantwortung, die wir für die Gesellschaft und die Menschen im Lande tragen“.

In regelmäßigen Abständen treffen sich Landesregierung und Vertreter der Evangelischen Kirchen zum Austausch über aktuelle gesellschaftliche Themen. An dem Treffen heute nahm der gesamte Ministerrat teil. Die Evangelischen Kirchen waren vertreten durch:
Evangelische Kirche im Rheinland: Präses Dr. Nikolaus Schneider, Vizepräses Petra Bosse-Huber, Vizepräsident Christian Drägert.
Evangelische Kirche in Hessen und Nassau: Kirchenpräsident Dr. Volker Jung, Stellvertreterin des Kirchenpräsidenten OKRin Cordelia Kopsch, Leitender Oberkirchenrat Heinz Thomas Striegler, OKR Stephan Krebs.
Evangelische Kirche der Pfalz: Kirchenpräsident Christian Schad, Stellvertreter des Kirchenpräsidenten OKR Gottfried Müller, OKRin Karin Kessel, OKR Manfred Sutter, KR Dr. Thomas Posern.

Das letzte Gespräch mit den Kirchenleitungen der Evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz fand am 8. Dezember 2010 statt.

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