Ministerpräsident Beck bedauerte, dass mit der Schlecker-Insolvenz seine Befürchtungen eingetreten seien. „Leider ist geschehen, wovor wir gewarnt hatten und was eine Transfergesellschaft hätte verhindern können. Natürlich haben mehr als 4.000 Kündigungsschutzklagen die Investorensuche massiv behindert. Die traurige Bilanz, die wir mit der Schlecker-Pleite hinnehmen müssen, geht auf das Konto der FDP und deren unsoziale Haltung. Von heute auf morgen stehen damit erneut 14.000 Beschäftigte auf der Straße – nach 11.000 im März.“ Er habe gerade in seiner Bürgersprechstunde im heimischen Steinfeld von akuten persönlichen Problemen älterer Betroffener erfahren, sagte Beck.
In Rheinland-Pfalz habe in 141 Filialen der Räumungsverkauf begonnen. „633 Menschen haben sich im Land bereits arbeitslos gemeldet, im Juni werden laut Bundesagentur für Arbeit weitere 740 hinzukommen“, sagte der Ministerpräsident. Den wenigsten davon sei es gelungen, wieder ein Beschäftigungsverhältnis aufzunehmen. Beck: „Die Einschätzung der FDP, man müsse nichts unternehmen, da der Markt die Betroffenen aufnehmen werde, hat sich als komplett falsch erwiesen.“
„Das Schicksal der von der größten Pleite in Deutschland betroffenen ehemaligen Schlecker-Beschäftigten geht uns alle an", hatten am Donnerstag Arbeitsministerin Malu Dreyer und die Chefin der Regionaldirektion, Heidrun Schulz, in Mainz mitgeteilt. Das Hilfspaket sei geschnürt worden, um den betroffenen Menschen – in der übergroßen Mehrzahl Frauen – zu helfen. In Gesprächen mit den Beschäftigten zeige sich überaus deutlich, wie stark diese Menschen von der langen Hängepartie und der Sorge um ihren Arbeitsplatz und ihre Zukunft belastet seien. Ministerin Dreyer bewertet die bisherigen Integrationsaktivitäten der rheinland-pfälzischen Arbeitsagenturen positiv, gleichzeitig habe sich aber gezeigt, dass die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt kein Kinderspiel sein wird.
„Viele der überwiegend weiblichen Beschäftigten sind alleinerziehend oder über 45 Jahre alt. Das macht die Vermittlung nicht so einfach“, sagten Dreyer und Schulz. Die Frauen seien jedoch hochmotiviert und engagiert und auch einer Umschulung gegenüber sehr aufgeschlossen. Die Ministerin trat an dieser Stelle der Meinung entgegen, die Beschäftigten hätten bei Schlecker so viel verdient, dass ihre Vermittlung deshalb jetzt schwieriger sei. „Die Beschäftigten haben sich ihren Tariflohn bei Schlecker hart erkämpft. Nicht das ist das Problem, sondern die zu niedrige Bezahlung im Einzelhandel allgemein“, so die Ministerin.
Die Landesregierung steht seit Wochen mit den Akteuren im engen Kontakt. Nun haben sich das Land, die Regionaldirektion und die Gewerkschaft auf besondere Hilfeangebote für die insgesamt rund 1.300 Betroffenen im Land verständigt. Die Agenturen für Arbeit in Reinland-Pfalz haben alle lokalspezifische Programme für die von Schlecker kommenden Arbeitslosen initiiert. „Innerhalb von vierzehn Tagen nach der Arbeitssuchendmeldung werden die Vermittlerinnen und Vermittler vor Ort eine konkrete Perspektive – sei es Arbeitsstelle oder Qualifizierung – aufzeigen können“, beschreibt Schulz einen Bestandteil dieser Programme.
Verabredet wurde auch die Einrichtung einer Task Force aus Vertretern der Arbeitsverwaltung und des Ministeriums, die sich um spezielle Einzelprobleme und Konfliktfälle kümmert. Im Rahmen einer regelmäßigen Teambesprechung sollen so Probleme schnell und unbürokratisch gelöst werden. Die Regionaldirektion und die Landesregierung sichern in diesem Zusammenhang zu, dass Umschulungswünsche im Bereich Altenpflege und Erzieher besonders berücksichtigt werden.
Darüber hinaus soll ein Runder Tisch eingerichtet werden, an dem die Akteure des Arbeitsmarktes in Rheinland-Pfalz gemeinsam nach Lösungen und Alternativen für die betroffenen Beschäftigten suchen. Dazu sind neben Vertretern der Landesregierung, der Regionaldirektion und der Gewerkschaften auch Arbeitgeberverbände eingeladen.
Zudem soll ein spezielles Angebot installiert werden, das über die Dienstleistungen der Bundesagentur für Arbeit hinausgeht. Sogenannte „Kümmerer“ sollen sich neben den Arbeitsvermittlern der Agenturen für Arbeit um die speziellen – auch psychosozialen – Belange der betroffenen Beschäftigten kümmern. Es handelt sich hierbei um ein freiwilliges Angebot, das auch den noch arbeitslos gemeldeten Menschen der ersten Kündigungswelle im März 2012 offen steht. Die „Kümmerer“ sollen ihre Dienstleistung in den Agenturen für Arbeit anbieten und dort auch eng mit den zuständigen Arbeitsvermittlerinnen und –vermittlern zusammenarbeiten. Die Kosten werden vom Land übernommen.