Mit seinem Antrag für die SchUM-Städte unterstreicht Rheinland-Pfalz ihre große Bedeutung für die Entwicklung des europäischen Judentums. In diesen drei Städten entstand im Mittelalter mit SchUM ein einzigartiger Verbund jüdischer Gemeinden, der Kultur, Religion und Geistesleben des europäischen (aschkenasischen) Judentums entscheidend geprägt hat. Unter seinem Einfluss entwickelten sich neue Architekturformen, deren Zeugnisse zum Teil bis heute aussagekräftig erhalten sind. So etwa jüdische Ritualbauten wie die Monumentalmikwen in Worms und Speyer sowie die um 1104 eingeweihte Synagoge in Speyer, die zu den ältesten und wichtigsten Synagogen nördlich der Alpen zählt. Aber auch der jüdische Friedhof Heiliger Sand in Worms und der Denkmalfriedhof in Mainz. Das Wort SchUM ist ein Akronym aus den Anfangsbuchstaben der mittelalterlichen, hebräischen Namen von Speyer, Worms und Mainz: Schin (Sch) für Schpira, Waw (U) für Warmaisa und Mem (M) für Magenza. Die SchUM-Gemeinden als Welterbestätten vorzuschlagen, hat sich die rheinland-pfälzische Landesregierung bereits in der Regierungserklärung von 2006 zum Ziel gesetzt. Das Vorhaben wurde mit dem aktuellen Koalitionsvertrag noch einmal untermauert.
Gleiches gilt für den Erweiterungsantrag zum Weltkulturerbe Dom zu Speyer um die Dome von Worms und Mainz. Der Internationale Rat für Denkmalpflege (ICOMOS) hatte bereits 1981 im Anerkennungsverfahren für den Speyerer Dom in seiner Stellungnahme die drei Dome als „Hauptwerke der romanischen Baukunst in Deutschland“ bezeichnet. Die drei Bischofskirchen waren zu Beginn des zweiten nachchristlichen Jahrtausends in unmittelbarer geografischer Nachbarschaft entstanden und entwickelten sich in kunsthistorischer, architektonischer und geschichtlicher Perspektive zu einer einzigartigen Wirkstätte. So galt der Erzbischof von Mainz, der zugleich das Amt des Kurfürsten und Reichserzkanzlers innehatte, als einer der einflussreichsten Männer seiner Zeit. Der Dom zu Speyer ist in seinen Abmessungen nicht nur das größte Denkmal der romanischen Epoche, sondern aufgrund seiner Geschichte das bedeutendste; die salischen Kaiser machten den Bau zu ihrer Grablege. Und auch Worms wurde zur Stätte wichtiger historischer Ereignisse: Mehrfach fanden hier Reichstage statt. Kaiser Friedrich Barbarossa hielt sich zuweilen in der Stadt auf, Kaiser Friedrich II. feierte im Dom seine glanzvolle Hochzeit. Im gemeinsamen Wettbewerb brachte die Trias der Dome am Rhein stilbildende Elemente der romanischen Baukunst hervor und schuf im Austausch mit anderen europäischen Regionen beeindruckende romanische Bauplastiken.
Mit der Sayner Hütte schlägt Rheinland-Pfalz einen Prototyp des modernen Industriebaus als mögliche Welterbestätte vor. Die historische Eisengießerei zählt zu den repräsentativsten Beispielen der frühindustriellen Epoche in Deutschland. Insbesondere nimmt die 1828 errichtete und anspruchsvoll gestaltete Althans‘sche Gießhalle einen wichtigen Platz in der europäischen und weltweiten Architekturgeschichte ein. Sie wurde im Jahr 2010 als „Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ geehrt. Möglich wurde ein dritter Welterbe-Antrag für Rheinland-Pfalz, da sich die Sayner Hütte thematisch einer Kategorie zuordnen lässt, die vom Internationalen Rat für Denkmalpflege als „unterrepräsentiert“ bewertet wird. Zu diesen Kategorien zählt etwa neben ländlichen Bauten und der Architektur des 20. Jahrhunderts auch das industrielle Kulturerbe. Generell waren die Länder aufgefordert, der Kultusministerkonferenz bis zum 1. August jeweils zwei Vorschläge pro Land zu melden.
„Jeder der drei Vorschläge ist ein herausragendes Beispiel für das große kulturge-schichtliche Erbe, das unser Land auszeichnet. Das gilt für die SchUM-Städte, die uns Aufschluss geben über die frühen Beziehungen zwischen jüdischer und christlicher Kultur, ebenso wie für die Sayner Hütte, die auch in ästhetischer Hinsicht ein beeindruckendes Areal darstellt. Und gleichermaßen für die Trias der romanischen Dome, die nicht nur als Beispiele höchster sakraler Baukunst gelten, sondern auch als frühe Machtzentren ihren Einfluss im Heiligen Römischen Reich geltend machten. Der Weltkulturerbe-Titel würde diesen einmaligen Stellenwert, der alle Stätten auszeichnet, unterstreichen und weit über die Landesgrenzen hinaus sichtbar machen“, so Kulturministerin Doris Ahnen. Klar sei aber auch: Die Bewerbung um einen Titel erfordere einen langen Atem. Die Landesregierung werde eine Reihe von Initiativen entfalten und sich weiter für die Bewerbung einsetzen.
Aus den eingegangenen Vorschlägen der Länder wird die Kultusministerkonferenz auf der Grundlage einer Experten-Evaluation eine endgültige Auswahl treffen, die zur Aufnahme in die UNESCO-Liste des Weltkultur- und Naturerbes angemeldet wird. Für das Welterbekomitee ist dann ein umfangreicher Welterbe-Antrag zu erarbeiten. Da die UNESCO noch damit befasst ist, die derzeitige Welterbe-Vorschlagsliste Deutschlands abzuarbeiten, können neue Anträge voraussichtlich erst ab 2016 eingereicht werden. Mit ihnen wird sich die UNESCO dann frühestens 2017 befassen.