Zum Abschluss der gemeinsamen Kampagne diskutierten Ministerpräsident Alexander Schweitzer, Staatssekretär Dennis Alt und Staatssekretärin Petra Dick-Walther gemeinsam mit der LIGA-Vorsitzenden Regine Schuster, Stefan Hellmann, Geschäftsführer des Pfälzischen Vereins für Soziale Rechtspflege Zweibrücken e.V. und Melanie Schindhelm, Leiterin des BEST-Wohnens der Diakonissen Speyer sowie Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung, die Frage, welche Bedeutung der Sozialstaat in diesen herausfordernden Zeiten für den sozialen Zusammenhalt und die Demokratie hat.
Die Abschlussveranstaltung der Aktionswoche startete mit einem wissenschaftlichen Impulsvortrag von Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, die analysierte, dass die Verunsicherung durch die multiplen Krisen unserer Zeit bis weit in die gesellschaftliche Mitte reiche und unter anderem zu politischer Entfremdung und sozialer Desintegration – bis hin zu einer Destabilisierung der Demokratie führe. In diesem Kontext seien die Menschen, die sozialen Berufen arbeiten unverzichtbar, um Vertrauen zurückzugewinnen in unseren starken Sozialstaat und unsere Demokratie, sagte Ministerpräsident Alexander Schweitzer.
„Das gesellschaftliche Zusammenleben und die sozialstaatliche Ordnung werden durch multiple Krisen und Transformationsprozesse vor Herausforderungen gestellt. Diesem Druck ist auch unser Sozialstaat ausgesetzt. Gleichzeitig sehen wir sehr viele Menschen – auch junge Menschen – die sich für den Sozialstaat einsetzen. Sei es ehrenamtlich oder im beruflichen Kontext. Bei unseren zahlreichen Besuchen im Rahmen der Aktionswoche ‚Einsatz zeigen. Wert schätzen.‘ konnten wir genau diese Menschen bei ihrer Arbeit kennenlernen und erleben, wie sie mit ihrer täglichen Arbeit die Werte des Sozialstaats in konkrete und gelebte Praxis umsetzen. Diese engagierte und professionelle Arbeit, die in den Einrichtungen vor Ort geleistet wird, verdient unser aller gesellschaftliche Anerkennung. Bei den Gesprächen kam ein Aspekt immer wieder zum Vorschein: Der Bereich Soziales ist das Politikfeld, bei dem alle Bürgerinnen und Bürger unmittelbar die Auswirkungen unseres politischen Handelns spüren. Das müssen wir bei allen politischen Entscheidungen berücksichtigen“, betonte Ministerpräsident Alexander Schweitzer.
„Es ist unser gemeinsames Anliegen von Landesregierung und LIGA, demokratische und sozialstaatliche Prinzipien in den Mittelpunkt der Gesellschaft zu rücken. Die gemeinsame Erklärung, die wir vor zwei Wochen unterzeichnet haben, und die nun durchgeführte gemeinsame Kampagne sind ein guter und wichtiger Ausdruck dieser gemeinsamen Zielsetzung. Die Umsetzung unseres Anliegens muss jedoch fortwährend sein und benötigt den kritisch-konstruktiven Dialog aller Beteiligten, um den Sozialstaat auch unter sich stetig verändernden Rahmenbedingungen weiterzuentwickeln und Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit zu finden. Dafür ist der beständige Austausch aller Akteurinnen und Akteure ebenso wichtig wie der Input aus der Wissenschaft, den uns heute Frau Professorin Dr. Kohlrausch gegeben hat. Die Erhaltung des Sozialstaats ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Deshalb ist der Abschluss unserer Kampagne auch kein Schlusspunkt, sondern vielmehr ein Meilenstein“, so der Ministerpräsident weiter.
Katharina Binz, Ministerin für Familie, Frauen, Kultur und Integration, betonte anlässlich der Abschlussveranstaltung: „Die Besuche im Rahmen der Aktionswoche ‚Einsatz zeigen. Wert schätzen.‘ haben mir noch einmal eindrucksvoll vor Augen geführt, wie unverzichtbar die Arbeit der Fachkräfte in verschiedenen sozialen Bereichen ist. In den Frauenhäusern schützen sie gewaltbetroffene Frauen und Kinder, im Kinderschutzdienst Koblenz sorgen Fachkräfte für den Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt, und im Psychosozialen Zentrum in Mayen unterstützen die Mitarbeitenden geflüchtete Menschen, traumatische Erfahrungen zu verarbeiten. Ihre Arbeit ist anspruchsvoll, erfordert Fachwissen und Empathie und leistet einen entscheidenden Beitrag zum sozialen Zusammenhalt in Rheinland-Pfalz. Ich danke allen für ihren unermüdlichen Einsatz und die wertvolle Unterstützung für die besonders schutzbedürftigen Menschen in unserer Gesellschaft.“
Petra Dick-Walther, Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, sagte: „Die Basis unseres Sozialstaats ist und bleibt eine starke wirtschaftliche Entwicklung. Unsere Gesellschaft steht vor großen Veränderungen – vom Klimaschutz über die digitale Transformation bis hin zum demografischen Wandel. Diese Entwicklungen stellen hohe Anforderungen an unsere Wirtschaft und an uns als Gesellschaft. Entscheidend ist, dass wir dabei niemanden zurücklassen und alle Menschen Perspektiven für ihre Zukunft sehen. Während meiner Besuche, wie zuletzt im Weingut des DRK-Sozialwerks an der Mosel, habe ich eindrucksvoll erlebt, wie wichtig sozioökonomische Teilhabe ist. Menschen mit Beeinträchtigungen arbeiten dort nicht nur, sondern sind Teil einer sinnstiftenden Gemeinschaft. Dieses gelebte Miteinander zeigt, wie der Sozialstaat im Alltag wirkt und welche Chancen er bietet. Dieses Vertrauen in unseren Sozialstaat und seine Weiterentwicklung zu stärken, ist unser aller Aufgabe.“
Regine Schuster, Vorsitzende der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege, betont in ihrem Grußwort: „Wir leben in einer Zeit, die von Veränderung, Unsicherheit und multiplen Krisen geprägt ist. Die gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen sind vielfältig – vom Fachkräftemangel über den Klimawandel bis hin zu den Auswirkungen globaler Konflikte. Der Sozialstaat steht dabei nicht nur vor strukturellen Anpassungen, sondern ist auch ein entscheidender Garant für Demokratie und sozialen Frieden. Solidarität und Gerechtigkeit, die Eckpfeiler unseres Sozialstaates, stehen unter Druck, und es liegt an uns, sie zu verteidigen und zu stärken. Unsere Kampagne hat deutlich gemacht, wie essentiell die Sozialwirtschaft für eine funktionierende Gesellschaft ist. Sie ist nicht nur ein Unterstützungsnetz für die Schwächsten, sondern auch ein Motor für zivilgesellschaftliches Engagement und eine starke Wirtschaftskraft in Rheinland-Pfalz. Mit rund 170.000 hauptamtlichen und etwa 100.000 ehrenamtlichen Mitarbeitenden ist sie ein integraler Bestandteil unseres Landes. Die Vielfalt der Lebensentwürfe in Rheinland-Pfalz spiegelt sich auch in der Pluralität der Trägerlandschaft wider und ist gelebte Subsidiarität.“
Im Rahmen der Veranstaltung gab Prof. Dr. Bettina Kohlrausch einen wissenschaftlichen Input zum Thema „Warum wir den Sozialstaat gerade jetzt brauchen“. Dabei beleuchtete sie zunächst die Ursachen für wirtschaftliche Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger in diesen Zeiten multipler Krisen. Daraus leitet sie die dringende Notwendigkeit eines funktionierenden Sozialstaats ab. Dieser muss soziale Infrastrukturen schaffen und für Zusammenhalt in Zeiten des Wandels sorgen. Als konkrete Bereiche, in denen der Sozialstaat vor diesem Hintergrund aktiv werden muss, nannte sie Chancengleichheit im Bereich Bildung, die Fachkräftesicherung sowie Pflege und Gesundheit. Zusammenfassend richtete sie den Appell an die Anwesenden: Seien Sie alle Demokratie-Schützerinnen und -Schützer.