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Heike Raab: Unabhängigkeit der Medien ist für mich ein hohes Gut, für das ich mich seit über 20 Jahren einsetze

In der heutigen Sitzung des Ausschusses für Digitalisierung, digitale Infrastruktur und Medien des rheinland-pfälzischen Landtags erklärte sich Medienstaatssekretärin Heike Raab zur medialen Berichterstattung über einen Briefwechsel zwischen ihr und dem SWR aus dem Frühjahr 2023.
Staatssekretärin Heike Raab

Dabei betonte sie, dass sie sich in ihrer politischen Tätigkeit ehrenamtlich wie hauptberuflich seit über 20 Jahren – zunächst als Abgeordnete und dann als Digital- und nunmehr als Medienstaatssekretärin – für Presse- und Rundfunkfreiheit einsetze. „Unabhängigkeit der Medien ist für mich ein hohes Gut. Das Verbot politischer und wirtschaftlicher Einflussnahme auf Medieninhalte ist für mich eine Grundvoraussetzung und ein Wert in der Demokratie“, so Staatssekretärin Heike Raab.

„Wer mich kennt, hat erlebt, dass dies nicht nur eine Floskel ist. Wie Sie wissen, habe ich mich auf der Bundesebene und auch auf europäischer Ebene persönlich immer dafür eingesetzt. Aktuelle Beispiele sind der European Media Freedom Act oder der Digital Services Act. Die gleiche Aufmerksamkeit gilt auch dem dualen Mediensystem in Deutschland, vor allem dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ich habe die Unabhängigkeit immer wieder verteidigt, vor allem auch, wenn es um seine angemessene Finanzierung und den verantwortungsvollen Umgang mit den Beiträgen geht“, so Raab weiter.

Mit ihrem Schreiben vom 2. Mai 2023 an die Landessenderdirektorin Ulla Fiebig habe sie auf einem vom SWR vorgeschlagenen Verfahrensweg, dem Postweg, sehr differenziert sachliche Kritik zu einem einzigen Satz geübt, nämlich ob Minister Lewentz die Verantwortung für „die in seinem Verantwortungsbereich gemachten Fehler“ übernommen hat oder wie behauptet, die Verantwortung „für die vielen Toten“ habe übernehmen müssen. Nach der Antwort von Landessenderdirektorin Ulla Fiebig vom 9. Mai 2023 wurde der Vorgang als erledigt betrachtet.

Nachfolgend das Statement der Staatssekretärin in Gänze:

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete,

wir haben den Berichtsantrag der Landesregierung für heute kurzfristig angemeldet, damit ich Ihnen hinsichtlich der medialen Berichterstattung seit dem 3. November meine persönliche Haltung hierzu darlegen kann.

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass ich Ihnen im Nachgang der Sitzung mein Schreiben an die Landessenderdirektorin Ulla Fiebig zugänglich machen möchte, um größtmögliche Transparenz in diesem Vorgang zu ermöglichen. Mit Einverständnis des SWR stelle ich auch gerne das Antwortschreiben der Landessenderdirektorin zur Verfügung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete,

ich setze mich in meiner politischen Tätigkeit ehrenamtlich wie hauptberuflich seit über 20 Jahren – zunächst als Abgeordnete und dann als Digital- und nunmehr als Medienstaatssekretärin – für Presse- und Rundfunkfreiheit ein. Die Unabhängigkeit der Medien ist für mich ein hohes Gut. Das Verbot politischer und wirtschaftlicher Einflussnahme auf Medieninhalte ist für mich eine Grundvoraussetzung und ein Wert in der Demokratie.

Wer mich kennt, hat erlebt, dass dies nicht nur eine Floskel ist. Wie Sie wissen, habe ich mich auf der Bundesebene und auch auf europäischer Ebene persönlich immer dafür eingesetzt. Aktuelle Beispiele sind der European Media Freedom Act oder der Digital Services Act. Die gleiche Aufmerksamkeit gilt auch dem dualen Mediensystem in Deutschland, vor allem dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ich habe die Unabhängigkeit immer wieder verteidigt, vor allem auch, wenn es um seine angemessene Finanzierung und den verantwortungsvollen Umgang mit den Beiträgen geht.

Zum aktuellen Sachverhalt darf ich Folgendes vortragen:

Ich habe Ende April einen Brief an die Landessenderdirektorin Frau Ulla Fiebig geschrieben, der von mir wegen des Feiertages erst am 2. Mai unterschrieben wurde. (geändert am 27.11.23 von: "der wegen des Feiertags erst am 2. Mai dort einging.")

Der Inhalt des Briefes lautet wie folgt, ich zitiere:

Sehr geehrte Frau Fiebig,

wie Sie sich vorstellen können, verfolge ich die Nachrichtensendung SWR-Aktuell. Am 11.04.2023, 19.30 Uhr wurde über den „Jahrestag“ des Rücktritts von Anne Spiegel ausführlich berichtet. Im Anschluss an den Beitrag führte die Moderatorin Daniela Schick noch ein Gespräch mit dem Hauptstadtkorrespondenten Georg Link.

Thematisiert wurde dabei auch die Frage, warum Roger Lewentz weiter als Landtagsabgeordneter und SPD-Landesvorsitzender tätig sein kann, während Frau Spiegel keinerlei politische Ämter mehr wahrnimmt. Natürlich ist es legitim solche Fragen aufzuwerfen. In der Darlegung der Unterschiede stellte Herr Link dann aber wörtlich fest:

„Das dürfte bundesweit wahrscheinlich einmalig sein, dass ein Landesminister, der die politische Verantwortung für die vielen Toten dieser schrecklichen Ahr-Katastrophe übernehmen muss, weiterhin Landesvorsitzender seiner Partei beliebt…“.

Herr Lewentz hat bei seinem Rücktritt vom Ministeramt meines Wissens und so lese ich es auch in der schriftlichen Rücktrittsbegründung zwar die politische Verantwortung für die „in seinem Verantwortungsbereich gemachten Fehler“ übernommen. Die Behauptung von Herrn Link, Herr Lewentz habe die politische Verantwortung „für die vielen Toten dieser schrecklichen Ahr-Katastrophe“ übernehmen müssen, ist daher objektiv falsch.

Gerade weil der Rücktritt nun ja schon gut ein halbes Jahr zurückliegt, wird der Zuschauer durch die falsche Tatsachenbehauptung von Herrn Link in die Irre geführt. Deshalb darf ein öffentlich-rechtlicher Sender wie der SWR, der nach seinen Programmgrundsätzen der Wahrheit verpflichtet ist, aus meiner Sicht nicht so leichtfertig falsche Behauptungen in die Welt setzen, die einen direkten Zusammenhang konstruieren, der so nicht besteht.

Ich erwarte Ihre Antwort mit großem Interesse und werde danach entscheiden, ob wir auch noch im Programmausschuss sprechen sollten. Herrn Lewentz werde ich eine Kopie meines Schreibens an Sie zukommen lassen.

MfG HR

Den Brief versandte ich nach reiflicher Überlegung.

Frau Fiebig antwortete mir mit Schreiben vom 9. Mai. Nach ihrer differenzierten Stellungnahme und dem Verweis auf ZITAT „auf die Dynamik in einer Live-Schalte“ hatte sich der Vorgang für mich erledigt.

Sechs Monate später – am 1. November – scheint dieser Brief Herrn Michael Hanfeld, Redakteur der FAZ, vorgelegen zu haben. Herr Hanfeld zitierte jedenfalls aus meinem Brief vom April und stellte Fragen dazu. Am 3. November erschien auf der Medienseite der FAZ ein Artikel.

Deswegen will ich mit aller Reflektion der letzten Tage sagen: Inhaltlich stehe ich auch heute zu alledem, was ich vorgetragen habe und zu meiner Kritik. Irritationen zu der gewählten Form möchte ich ausräumen.

Das Wesen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks besteht genau darin, dass seine Arbeit auch kritisch begleitet werden darf und soll. Wir haben gerade auch deshalb einen verpflichtenden Publikumsdialog im Medienstaatsvertrag verankert. Ich zitiere die Homepage des SWR: „Jede Person kann sich mit einer Programmkritik oder einer förmlichen Programmbeschwerde an den SWR wenden. Am einfachsten geht dies über das Online-Kontaktformular oder per E-Mail oder auf dem Postweg.“ Zitat Ende.

Ich habe somit auf einem vorgeschlagenen Verfahrensweg, dem Postweg, sehr differenziert sachliche Kritik geübt und den konstruktiven Austausch gesucht. Die Einhaltung von Verfahren, um Klärung von offenen Fragen herbeizuführen, ist in der Demokratie und in einem rechtsstaatlichen System wichtig. Denn es ging mit Nichten darum, etwa zu personalisieren oder polarisieren, sondern darum, wie man entlang der geltenden Spielregeln, einen Sachverhalt aufklären kann, ohne Einfluss auf das Programm zu nehmen. Zum Postweg – vielleicht bin ich hier altmodisch -, jedenfalls habe ich den Postweg, der E-Mail oder dem Kontaktformular vorgezogen.

Grundsätzlich ist es auch unerheblich, denn: sachlich begründete Kritik steht Jedem zu.

In diesem Sinne formuliert es im Übrigen auch der SWR. Ich erlaube mir, die Stellungnahme des SWR von gestern gemäß der Deutschen Presseagentur zu zitieren: „Programmkritik von außen gehört zu einer aktiven kritischen Begleitung unserer Arbeit und zur freien Medienlandschaft in Deutschland.“

In diesem Zusammenhang möchte ich auch darauf hinweisen, dass es ein normaler Vorgang ist, einen Programmgegenstand im Programmausschuss zu behandeln. Dort kann jede Stelle ihre Sicht der Dinge darlegen. Genau dafür gibt es den Programmausschuss.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe, ich konnte den Sachverhalt aufklären.

Aus Transparenzgründen füge ich hinzu, dass ich heute Abend und morgen an den Gremiensitzungen des SWR teilnehmen werde.

Für Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.

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