Wer arbeitet, muss mehr haben als derjenige, der von staatlichen Transferleistungen lebt, zum Beispiel von Hartz IV. Das ist das sogenannte Lohnabstandsgebot, das aber in der Praxis kaum umzusetzen ist. Wie ist das Problem zu lösen?
Das Problem ist nicht damit zu lösen, dass man den Bedürftigen immer noch weniger gibt. Sondern damit, dass wir durch Mindestlöhne denen, die Arbeit haben, einen anständigen Lohn garantieren. Mindestlöhne können es zudem unattraktiv machen, aus bestehenden Tarifbindungen herauszugehen. Wir wollen ja nicht, dass es überall Mindestlöhne gibt, darum geht es gar nicht. Wir wollen, dass Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer in ihren Tarifbindungen bleiben. Auf diese Weise werden anständige Löhne garantiert.
Selbst ein Mindestlohn von neun oder zehn Euro hilft in einigen Fällen nicht, mehr zu bekommen als ein Hartz-IV-Empfänger.
Wie gesagt: Ich will, dass Tarifverträge wieder eine Chance haben. Im Osten Deutschland ist längst eine Lohnspirale nach unten im Gang. Hier muss eine Decke nach unten eingezogen werden. Die tarifliche Bindung muss wieder Platz greifen und Normalität werden, Mindestlöhne sollen diesen Prozess befördern.
Sie können niemanden dazu zwingen…
Es ist ja kein Zufall, dass ein Betrieb wie Lidl nun Mindestlöhne fordert, weil sich Lohndumping ausbreitet und sich Betriebe einen Kostenvorteil gegenüber jenen verschaffen, die Tariflöhne zahlen. Es muss verbindliche Lohnuntergrenzen geben.
Die damit getroffene Aussage, dass gesetzliche Mindestlöhne nur dann zum Zuge kommen und gezahlt werden müssen, wenn keine bessere tarifvertragliche Absicherung besteht, ist keine Abkehr vom gesetzlichen Mindestlohn. Sie betont den selbstverständlichen Vorrang der Tarifautonomie und macht die Auffangfunktion des gesetzlichen Mindestlohns deutlich.