„Für die Opfer ist sie viel mehr als eine Anwältin. Sie ist auch eine solidarische Stimme, die sich aktiv für gesellschaftliche und gesetzliche Veränderungen zum Schutz von Frauen einsetzt. Ihr Ziel ist so klar wie ambitioniert. Sie will, dass es keine sexualisierte Gewalt mehr gibt. Frauen sollen in unserer Gesellschaft frei, sicher und gleichgestellt leben können. Für dieses besondere Engagement im Dienste der Gleichberechtigung verleihe ich Christina Clemm den Marie-Juchacz-Frauenpreis 2025 des Landes Rheinland-Pfalz“, so der Ministerpräsident weiter.
Der Ministerpräsident unterstrich bei der Preisverleihung die Bedeutung des 8. März als besonderen Tag mit langer Tradition, der immer noch aktuell sei und gebraucht werde. Er biete Gelegenheit, die Errungenschaften der Frauenbewegung zu feiern und zugleich auf die anhaltenden Ungerechtigkeiten, Diskriminierungen und Gefahren aufmerksam zu machen. „Dazu gehört das erschreckende Ausmaß an häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt. Alle drei Minuten erlebt eine Frau oder ein Mädchen in Deutschland häusliche Gewalt. Jeden dritten Tag wird eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet, fast jeden Tag findet ein versuchter Femizid statt. Im Laufe ihres Lebens wird jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von sexualisierter Gewalt. Die Dunkelziffer liegt wahrscheinlich deutlich höher. Darauf gibt es nur eine Antwort. Das muss aufhören“, forderte der Ministerpräsident.
Auf politischer Ebene sei mit der Verabschiedung des Gewalthilfegesetzes noch auf den letzten Metern vor der Bundestagswahl ein Meilenstein geschafft worden. Damit gebe es erstmals einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung für von Gewalt betroffene Frauen. „Damit erfüllt Deutschland einen wichtigen Auftrag aus der Istanbul-Konvention, deren Umsetzung auch für die Landesregierung hohe Priorität hat. „Wir haben im Januar dazu im Kabinett einen ressortübergreifenden Aktionsplan mit 117 Einzelmaßnahmen beschlossen, die von präventiver Bildung bis zu konkreten Gefahrenabwehr reichen“, sagte Ministerpräsident Alexander Schweitzer.
Der Kampf gegen Gewalt brauche jede Stimme und vor allem Persönlichkeiten wie Christina Clemm. Sie sei nicht nur Stimme und Anwältin der Betroffenen, sondern auch eine couragierte Aktivistin für die Rechte von Frauen. „Ich danke Ihnen dafür, dass Sie sich mit unglaublichem Engagement für die Opfer einsetzen und strukturelle Probleme benennen und aktiv bekämpfen“, so der Ministerpräsident.
Christina Clemm wurde 1967 geboren und ist als Fachanwältin für Familien- und Strafrecht in Berlin tätig. Ihre Schwerpunkte sind unter anderem Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs und Vergewaltigung, häuslicher Gewalt, Stalking sowie rassistischer und rechtsextrem motivierter Straftaten. Im NSU-Verfahren war sie Teil der Nebenklage. In verschiedenen medialen Formaten und als Referentin bei politischen Veranstaltungen sowie vor juristischem Fachpublikum spricht sie regelmäßig über juristische und soziale Aspekte von struktureller Gewalt gegen Frauen. Sie war Mitglied der Expertenkommission zur Reform des Sexualstrafrechts und mehrfach als Sachverständige in öffentlichen Anhörungen im Bundestag, so zum Thema „Femizide“, geladen. Ihr erstes Buch „AktenEinsicht. Geschichten von Frauen und Gewalt“ zeigt auf, wie Opfer von häuslicher und sexualisierter Gewalt vor Gericht bewusst verunsichert und diskreditiert werden, wenn sie aussagen. Mit ihrem zweiten, 2023 erschienen Buch „Gegen Frauenhass“ macht Christina Clemm deutlich, wie allgegenwärtig die Gewalt gegen Frauen ist, und was sich strukturell verändern muss, um die Spirale patriarchaler Gewalt zu überwinden.
Der Frauenpreis wurde 2019 anlässlich des hundertjährigen Jubiläums des Frauenwahlrechts erstmalig verliehen. Bisherige Preisträgerinnen sind Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit (2019), Marlies Krämer (2020), Claudia Neumann (2021) Jutta Allmendinger und Rita Süssmuth (2022), Golineh Atai (2023) sowie Elisa Klapheck (2024). Der Namen des Preises erinnert auch an die frauenpolitische Vorreiterinnenrolle und die Verdienste von Marie Juchacz, die als Abgeordnete in der Weimarer Nationalversammlung als erste Frau eine Rede hielt. Vorgeschlagen werden die Preisträgerinnen von einer Expertinnen-Jury aus Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Kultur sowie Vertreterinnen verschiedener Gremien aus dem Bereich der Gleichstellung und Frauenpolitik unter Vorsitz des Ministerpräsidenten.