Neben der Opfer- und Täterhilfe sind in das Haus des Jugendrechts im Jahr 2008 auch die Jugendsachbearbeiter und -sachbearbeiterinnen der Polizei, die Jugendgerichtshilfe der Stadt und zwei Jugendstaatsanwältinnen samt Geschäftsstelle eingezogen. „Gerade hier, an dieser Lokalität, wird augenscheinlich, wie nahe der Täter-Opfer-Ausgleich und die Justiz sich mittlerweile sind. Das ist ein guter Prozess und wir werden ihn auch weiter vorantreiben“, so Reich.
Im Haus des Jugendrechts sei die Bedeutung des Täter-Opfer-Ausgleichs nur allzu gut bekannt: Junge Menschen mit den Folgen ihrer Straftat zu konfrontieren, um Empathie für das Opfer zu wecken, um noch schwelende Konflikte auszuräumen, Lebenssituationen und -umstände zu befrieden, sei ein wichtiger Bestandteil des im Jugendgerichtsgesetz verankerten Erziehungsgedankens. Und auch den Opfern biete der TOA den Raum, sich Gehör zu verschaffen.
„Das Opfer ist nicht mehr reines Beweismittel - wie es immer wieder im Zusammenhang mit Strafverfahren heißt. Es wird selbst zum Akteur und gewinnt dadurch ein großes Maß an Autonomie zurück. Um die Zukunft des Täter-Opfer-Ausgleichs muss man sich keine Sorgen machen. Er ist mittlerweile eine feste Größe im Strafrecht und nicht mehr wegzudenken. Dass das so ist, daran haben Sie alle einen großen Anteil“, so die Staatssekretärin.
Hintergrund:
Der Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) will zwischen Täter und Opfer einer Straftat vermitteln und im Idealfall eine Versöhnung zwischen den Beteiligten herbeiführen. In der Regel wird der TOA dadurch eingeleitet, dass die Staatsanwaltschaften im Ermittlungsverfahren geeignete Fälle an eine Konfliktschlichtungsstelle zur Durchführung des TOA übermitteln. Voraussetzung für die Durchführung ist zunächst die Bereitschaft sowohl des Täters als auch des Opfers. Im Mittelpunkt der Gespräche zwischen den Beteiligten, die von einem ausgebildeten Konfliktschlichter geleitet werden, stehen die Aufarbeitung der Tat und ihrer Folgen. Der Täter hat sich gegenüber den Geschädigten zu erklären und immaterielle oder materielle Wiedergutmachung zu leisten. Das Opfer kann dabei seine ganz persönlichen Interessen an Ausgleich und Wiedergutmachung zum Ausdruck bringen.
Die Konfliktschlichterin bzw. der Konfliktschlichter überwacht vermittelnd die Umsetzung der getroffenen Vereinbarungen und teilt den Justizbehörden die Ergebnisse mit. Ein TOA sollte zu einem möglichst frühen Zeitpunkt erfolgen, um das Ergebnis als Entscheidungsgrundlage für eine Verfahrenseinstellung oder eine Strafmilderung berücksichtigen zu können. Bei leichteren Straftaten wie Sachbeschädigung, Beleidigung oder leichter Körperverletzung kann die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren bei einer erfolgreichen Konfliktschlichtung einstellen oder dies bei Gericht anregen. In diesen Fällen kann die "Wiedergutmachung" eine echte Alternative zur traditionellen Strafrechtspraxis sein. Kommt eine Einstellung etwa bei Wiederholungstätern oder wegen der Schwere der Straftat nicht in Betracht, kann ein erfolgreicher TOA zumindest strafmildernd berücksichtigt werden.