„Die Debatte um die Umlagefähigkeit nach der Betriebskostenverordnung hat verschiedene Dimensionen. Im Vordergrund stehen dabei digitalpolitische, verbraucherpolitische und sozialrechtliche Aspekte. Die Umlagefähigkeit der Kabelgebühren, beziehungsweise ihre mögliche Abschaffung haben indes auch eine medien- bzw. rundfunkpolitische Komponente, die bei den Diskussionen und Verhandlungen beachtet werden sollte,“ forderte die Staatssekretärin.
Kabelnetze seien nach wie vor einer der wichtigsten Verbreitungswege für Rundfunk- und insbesondere für Fernsehinhalte. In Deutschland konsumierten rund 12 bis 13 Millionen Haushalte Fernsehen über einen Kabelanschluss. Satellit oder Terrestrik (DVB-T2) schieden oftmals aus unterschiedlichen Gründen als Alternativen aus. Während das Anbringen von Satellitenschüsseln häufig mietrechtlich untersagt sei, stoße der Empfang von Fernsehprogrammen über DVB-T2 schnell an Kapazitätsgrenzen. In vielen Fällen sei die einzige realistische Alternative zum Kabelnetzempfang nur der Empfang über IP-basierte Technologien.
Aufgrund der nach wie vor herausragenden Bedeutung der Kabelnetze für die Fernsehverbreitung und des engen Zusammenhangs zwischen der Kontrolle sowohl über die genutzte Infrastruktur als auch über die Zusammenstellung der übertragenen Programmpakete seien die Kabelnetze seit jeher medienrechtlich stark reguliert. Als sogenannte infrastrukturgebundene Medienplattformen würden hier umfassend die Vorgaben der §§ 78 ff. MStV in Nachfolge des bisherigen RStV gelten. Dies umfasse insbesondere Anforderungen an die Person des Anbieters (§ 79 Abs. 1 MStV) und Vorgaben zur verpflichtenden Verbreitung bestimmter Programme, namentlich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (sog. Must-Carry, § 81 MStV). Diese Pflichten würden für die Rundfunkverbreitung über IP-basierte Technologien bislang nicht, beziehungsweise nicht in vergleichbarer Weise gelten. Zudem sollten die hohen Verbreitungskosten von IP-basierten Übertragungstechnologien nicht unerwähnt bleiben und in die Diskussion miteinfließen.
„Die besondere Behandlung von Kabelanschlüssen im Rahmen der Betriebskostenverordnung muss gerade auch vor dem Hintergrund dieser besonderen Regulierung unter Vielfaltsgesichtspunkten betrachtet werden. Ein Wechsel einer bedeutenden Anzahl von Nutzerinnen und Nutzern hin zu IP-basierten Übertragungstechnologien ließe die vielfaltssichernden Vorgaben der Medienregulierung in vielen Fällen unter Umständen ‚ins Leere‘ laufen“, so Staatssekretärin Heike Raab weiter. Darüber hinaus könnten der öffentlich-rechtliche und private Rundfunk signifikant an Reichweite verlieren, wenn die beträchtliche Anzahl an Nutzern von Kabelanschlüssen gänzlich auf diese verzichten oder zu Onlineangeboten abwandern. „Das würde eine gravierende Schwächung dieses Ausspielwegs bedeuten. In Zeiten von Verbreitung von Desinformation ist gerade eine Stärkung von Pluralismus und Medienvielfalt unerlässlich und daher im Wege einer ausgewogenen Berichterstattung sicherzustellen“, erklärte die Staatssekretärin.