Die Autoren der Studie gingen dagegen selbstkritischer mit ihren Ergebnissen um und erhöben nicht den Anspruch auf Hochrechnung der Messwerte auf alle Muslime, so der Landesbeauftragte. „Anders als die verkürzten Schlagzeilen beschreibt die Studie wesentlich positiver die Bandbreite der Lebenswelten der Muslime in der Bundesrepublik und ihre Zugehörigkeit zu Deutschland“, sagt Vicente.
Der Landesbeauftragte kritisiert zudem den Zeitpunkt der Veröffentlichung. „Kaum eine Woche nach der groß inszenierten Gedenkfeier an die Opfer der rechtsextremen Morde wird nun der Blick wieder auf die vermeintlich gefährlichen Muslime gelenkt. Es wäre hilfreicher, wenn der Bundesinnenminister eine Studie zu rassistischen und antidemokratischen Einstellungen und deren Bekämpfung machen würde, auch angesichts des Totalversagens seiner Sicherheitsbehörden.“
Ebenfalls sei zu fragen, so Vicente, warum eine solche Studie überhaupt für notwendig erachtet werde: „Warum wird dem Islam ständig Fanatismus und Gewaltbereitschaft unterstellt? Nicht der Islam ist ein Feind unserer demokratischen Grundordnung, sondern jedwede Form von Fundamentalismus und Menschenfeindlichkeit, egal aus welcher Ideologie sie gespeist werden.“
Auch diese Studie zeige zudem wie problematisch insgesamt der Gebrauch von Begriffen und Zuschreibungen ist. „Ist zum Beispiel eine Muslima eine Integrationsverweigerin, wenn sie angibt eher zu ihrer Herkunftskultur statt zur deutschen zu neigen, da sie Diskriminierung und eine antiislamische Stimmung spürt, sonst aber perfekt die deutsche Sprache spricht und strukturell voll integriert ist?“, fragt der Beauftragte des Landes. Ein für die Integrationswilligkeit wichtiger Aspekt, den auch die Wissenschaftler hervorheben, sei für Muslime eben das Gefühl, von ihrer deutschen Umwelt akzeptiert zu werden. „Hier müssen wir fragen, ob diese Akzeptanz noch verbessert werden kann. Denn wie auch diese Studie zeigt: Die meisten Muslime fühlen sich in Deutschland wohl, stehen zur demokratischen Grundordnung und lehnen jedwede Art von islamistisch begründetem Terrorismus ab. Die überwiegende Mehrheit will sich einbringen und Deutschland als ihr Heimatland verstehen. Das ist nach der islamfeindlichen Sarrazin-Debatte und der rechtsextremen Mordserie keine Selbstverständlichkeit“, meint Vicente.