| Kriminalität

Vorsicht: Datenklau an Geldautomaten

Minikameras oder Manipulationen am Kartenschlitz - der Datenklau an Geldautomaten richtet in Deutschland jedes Jahr Millionenschäden an. Die Fallzahlen sind zuletzt deutlich gestiegen, die Kunden meist machtlos. Den Schaden muss aber in der Regel die Bank tragen.
Mini-Kamerabild vom Tastenfeld eines Bankautomaten; Bild: dpa
Mini-Kamerabild vom Tastenfeld eines Bankautomaten; Bild: dpa

Unscheinbar hängt der Feuermelder unter der Decke. Keinem Kunden fällt er auf. Karte rein, Pin getippt, Geld gezogen und raus aus der Bank. Doch die kleine Kamera in dem Brandmelder hat alles aufgezeichnet, die persönlichen Daten der EC- Karte sind durch Manipulation am Schlitz auch mit abgegriffen - und wenig später erleichtern die Kriminellen das Konto um einige Euro. Der Datenklau an Geldautomaten in Deutschland ist dramatisch gestiegen: Im ersten Halbjahr 2010 registrierte die Polizei laut Bundeskriminalamt bereits fast genauso viele dieser sogenannten Skimming-Fälle wie im gesamten Jahr 2009. Damals waren rund 960 manipulierte Automaten aufgefallen. Der Schaden: schätzungsweise 40 Millionen Euro. Geschädigte: weit mehr als 100 000 Kunden.

In Rheinland-Pfalz stellten die Beamten 2009 exakt 25 manipulierte Geldautomaten fest, im ersten Halbjahr 2010 waren es bereits fast doppelt so viele wie im gesamten Vorjahr. "Das ist organisierte Kriminalität, dahinter stecken meist Gruppen aus Südosteuropa", sagt der stellvertretende Dezernatsleiter im Landeskriminalamt (LKA) von Rheinland-Pfalz in Mainz, Klaus D. Wahl. Das typische Täterprofil: "Sehr beweglich, reisend und ein ständiger Austausch der agierenden Täter." Und: "Die Köpfe sind fast alle Ex-Geheimdienstler etwa aus Rumänien, die sich mit Datenklau auskennen." Die Masche beim Skimming (Abschöpfen) ist immer die Gleiche, bei der technischen Umsetzung werden die Täter laut Wahl allerdings immer erfinderischer.

Die durch Manipulationen an deutschen Geldautomaten gewonnenen Daten überspielen die Kriminellen fix ins Ausland, dort werden sie auf sogenannte Blanko-Karten (White Plastics) gespeist, um dann mit diesen Karten Geld abzuheben. (Deutsche Automaten erkennen übrigens in der Regel diese Fälschungen). Erst beim Blick auf den Kontoauszug sieht der Kunde dann die Bescherung. "Und in der Zwischenzeit haben die Täter schon zahlreiche weitere Daten abgeschöpft", erklärt Wahl.

Doch um den Sorgen der Bankkunden vorzubeugen: "Der betroffene Verbraucher haftet letztlich für unbefugte Abbuchungen mit Kartendoppel - anders als bei abhanden gekommenen Karten - nicht. Allerdings zahlen alle Verbraucher über die Preise den Schaden mit, der durch diese Betrügereien entsteht", sagt Frank-Christian Pauli, Bankreferent beim Bundesverband der Verbraucherzentralen in Berlin. Er appelliert zugleich an die Banken, ihre Sicherheitssysteme etwa bei der Entwicklung von Zahlungskarten weiter zu verbessern.

Der Zentrale Kreditausschuss als Dachorganisation der Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken in Berlin wies ebenfalls darauf hin: "Für Schäden aufgrund von betrügerischen Manipulationen haftet die Kreditwirtschaft, betroffene Kunden bekommen ihr Geld erstattet." Die deutsche Kreditwirtschaft habe bereits frühzeitig in die Ausstattung ihrer girocard-Karten mit moderner Chiptechnologie investiert, die den Einsatz von ge- und verfälschten Karten wirkungsvoll verhindere. "Sofern es trotzdem noch zu solchen Schäden kommt, sind diese mehrheitlich auf den niedrigeren Sicherheitsstandard im Ausland zurückzuführen."

Der Einsatz von Kartendubletten erfolge zunehmend in Regionen der Welt, in denen die Verwendung des neuen internationalen Sicherheitsstandards EMV nicht verbindlich geregelt sei. Diese "Schlupflöcher" müssten geschlossen werden. "Hier sind die weltweiten Zahlungssysteme wie MasterCard und VISA gefordert, weltweit ein hohes Sicherheitsniveau zum Wohl der Kunden sicherzustellen."

Der Mainzer LKA-Sachbearbeiter Kurt Sell erklärt: "Der Kunde selbst kann gegen das Skimming praktisch nichts machen." Außer vorsichtig zu sein. "Am besten immer am selben Automaten abheben, möglichst nicht am Automaten im Freien, und wenn etwas merkwürdig oder anders aussieht, sofort die Bank oder die Polizei informieren", erläutert der Mainzer Kriminalhauptkommissar Michael Schmidt von der Prävention. Nur zehn Sekunden brauchen die Täter, um ihre Spähinstrumente anzubringen - und diese können neben Minikameras in verschiedener Verkleidung auch auf die eigentliche Tastatur gelegte täuschend echte Duplikate sein oder Aufsätze am Kartenschlitz. Auch mit Türöffnerattrappen lesen die Täter unbemerkt Karten aus.

Allerdings sind längst sind nicht mehr nur Bankautomaten gefährdet, wie BKA-Präsident Jörg Ziercke betont. So berichtet auch Vize-Dezernatsleiter Wahl vom LKA in Mainz von mehreren Einbrüchen in Baumärkte: Nichts fehlte. Aber bis man darauf kam, dass eine Kasse so manipuliert worden war, dass Daten der Kunden abgegriffen wurden, hatten die Täter schon fette Beute gemacht. Und, so Wahl: "Manchmal klauen die Täter aber auch Geldautomaten, nur um an denen neue Skimming-Methoden zu üben."

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