Erst am 18. April war ein Gesetzentwurf im Bundestag gescheitert, der eine Mindestquote für Frauen in Aufsichtsräten von börsennotierten und mitbestimmten Unternehmen vorgesehen hatte. Der vorausgehenden Länderinitiative hatten im vergangenen September im Bundesrat neben Rheinland-Pfalz und allen anderen SPD-geführten Ländern auch die CDU-geführten Länder Saarland und Sachsen-Anhalt zugestimmt.
„Um Quoten-Unterstützerinnen aus den eigenen Reihen bei der Abstimmung im Bundestag umzustimmen, will die CDU die Forderung nach einer Frauenquote von 30 Prozent ab 2020 in ihr Wahlprogramm aufnehmen. Doch gleichzeitig bremst die Bundesregierung eine EU-Richtlinie für eine ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern in Führungsgremien der Wirtschaft aus. Wie passt das zusammen?“, so Malu Dreyer. Die Bundeskanzlerin zeige sich in Interviews zwar enttäuscht über die mangelnde Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen, sie selbst tue aber nichts dagegen, kritisierte die Ministerpräsidentin.
Malu Dreyer sieht aber nicht nur bei Führungspositionen Handlungsbedarf. Neben der fehlenden Quotenvorgabe bemängelt die Ministerpräsidentin auch die negativen Folgen von Erwerbsunterbrechungen nach der Familienphase von Frauen, die übliche schlechtere Bezahlung von sogenannten „Frauenberufen“ und die Diskriminierung von Frauen bei der Festlegung von Löhnen und Gehältern trotz gleicher Arbeit.
„Es besteht kein Zweifel, dass dem vielstimmigen Reden über weibliche Chancengleichheit endlich Taten folgen müssen“, so die Ministerpräsidentin. Die Beschlusslage in der Europäischen Union habe gezeigt, dass dies über nationale und parteipolitische Grenzen möglich sei.
Zur Information:
EU-Vizekommissarin Viviane Reding hatte im Mai 2011 den großen börsennotierten Unternehmen der EU eine Frist von einem Jahr gesetzt, um durch Selbstregulierung den Anteil von Frauen in Aufsichtsräten zu erhöhen – auf 30 Prozent bis 2015 und auf 40 Prozent ab 2020. Zwölf Monate später hatten nur 24 Unternehmen, darunter nur eines aus Deutschland, die von der EU-Kommission vorgeschlagene Selbstverpflichtung unterschrieben. Als Konsequenz erarbeitete die EU-Kommission mit diesen Vorgaben eine Richtlinie, deren wesentliche Inhalte vom Europäischen Parlament gebilligt wurden. Die Entscheidung des Europäischen Rats zur Quote steht noch aus. Erwartet wird, dass die Mehrheit der Regierungen, u.a. auch die Bundesregierung, die Quote ablehnen werden.