| Erweiterter Ovaler Tisch

Vorteile der dualen Ausbildung herausstellen

Die Stärken der dualen Ausbildung sollen noch besser vermittelt werden. Darauf verständigten sich heute die Partner des Ovalen Tischs für Ausbildung und Fachkräftesicherung unter Leitung von Ministerpräsident Kurt Beck.
Ministerpräsident Kurt Beck spricht am Erweiterten Ovalen Tisch; Bild: Melanie Bauer/Staatskanzlei

„Wir brauchen die jungen Menschen in Industrie, Handwerk und Dienstleistung, um die Zukunft dieser Unternehmen in Rheinland-Pfalz zu sichern. Die duale Ausbildung sichert zugleich eine hervorragende Perspektive für das weitere Berufsleben“, so der Ministerpräsident.

Er verwies darauf, dass in keinem anderen Land das Bildungssystem so durchlässig sei wie in Rheinland-Pfalz. „Wer an die betriebliche Ausbildung ein Studium anschließen will, hat in Rheinland-Pfalz gute Möglichkeiten.“

Wirtschaftsministerin Eveline Lemke sagte, dass die Unternehmen von zunehmenden Schwierigkeiten berichteten, Ausbildungsplätze zu besetzen. „Wir wollen die Unternehmen und die Jugendlichen dabei unterstützen, zueinander zu finden“, so die Ministerin. Daher fördere das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit insgesamt 13 Coaches für betriebliche Ausbildung bei den vier rheinland-pfälzischen Handwerkskammern. Die Jugendlichen sollen von Ausbildungsmöglichkeiten in Berufen und Branchen erfahren, die ihnen noch unbekannt sind. „Damit kann die Zahl der Jugendlichen ohne Ausbildungsstelle und der Unternehmen ohne Auszubildende deutlich gesenkt werden“, zeigte sich die Ministerin sicher. Zusätzlich beraten die Coaches gerade kleine und mittelständische Unternehmen, wenn sie erstmals ausbilden möchten.

Rund 29.000 Ausbildungsstellen wurden im vergangenen Jahr neu besetzt, das waren 477 mehr als im Jahr zuvor. Gleichwohl melden die Arbeitsagenturen einen allmählichen Rückgang der Bewerberinnen und Bewerber: 26.800 junge Menschen haben auf der Suche nach einer Ausbildung die Arbeitsagenturen eingeschaltet, das waren 300 weniger als im Vorjahr.

Heidrun Schulz, Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit, sieht auch für Jugendliche mit ungünstigen Startpositionen bessere Chancen auf einen Ausbildungsplatz: „Gute Fachkräfte sind vor allem über eigene Ausbildung zu gewinnen. Unternehmen werden angesichts weiter rückläufiger Bewerberzahlen Zugeständnisse an die Qualifikation der Jugendlichen machen und beispielsweise mehr Nachhilfe während der Ausbildung anbieten müssen. Die Bundesagentur für Arbeit hat im vergangenen Jahr in Rheinland-Pfalz rund 100 Millionen Euro aufgewendet, um Unternehmen auf diesem Weg zu begleiten und Jugendliche fit für eine Ausbildung zu machen. Dieses Engagement werden wir gemeinsam mit unseren Partnern fortsetzen.“

Die Wirtschaft ziehe eine positive Bilanz der gemeinsamen Paktbemühungen, sagte IHK-Präsident Peter Adrian für die rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern. Das Plus von 4,8 Prozent bei den neuen Ausbildungsverträgen im Bereich von Industrie, Dienstleistung und Handel beweise eine ungebrochen hohe Ausbildungsbereitschaft der Betriebe. Die Zahl der neuen Lehrverhältnisse hätte noch höher ausfallen können, viele offene Stellen seien aber leider unbesetzt geblieben. Die Vorzeichenwechsel am Ausbildungsmarkt stellten die Unternehmen vor neue Herausforderungen bei der Fachkräftegewinnung und –sicherung. Wichtig für die Wirtschaft sei die Aufwertung und bessere Wahrnehmung der dualen Ausbildung mit dem Ziel der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung. Ein Schlüssel zum besseren Verständnis der guten Chancen einer „Karriere mit Lehre“ sei die frühzeitige, systematische Berufs- und Studienorientierung in allen Schulen. Mit dem weiteren Ausbau von dualen Studiengängen und der Fortsetzung des Modellversuchs eines schnelleren Hochschulzugangs für Beruflich Qualifizierte könnten noch mehr leistungsstarke Jugendliche von den guten Chancen und Perspektiven einer betrieblichen Ausbildung überzeugt werden, so IHK-Präsident Adrian.

Werner Wittlich, Präsident der Handwerkskammer Koblenz, verwies darauf, dass die Handwerkskammern landesweit im vergangenen Jahr über 3.000 neue Ausbildungsplätze eingeworben und fast 350 neue Ausbildungsbetriebe gewonnen haben. Zudem seien – bedarfsgerecht – rund 600 neue Verträge zur Einstiegsqualifizierung unterschrieben worden. Er bekräftigte zugleich, dass noch mehr Ausbildungsverhältnisse hätten geschlossen werden können, wenn die entsprechenden Bewerberinnen und Bewerber zur Verfügung gestanden hätten. Dass dies nicht der Fall war, führten die Handwerkskammern auch darauf zurück, dass die duale Ausbildung gegenüber vollzeitschulischen Bildungsangeboten in der Öffentlichkeit oft verzerrt wahrgenommen werde. „Dabei ist sie faktisch das Premiumprodukt mit allen Bildungs-, Beschäftigungs- und Aufstiegschancen“, so Wittlich.

Der umfassenden und frühzeitigen Berufswahlorientierung in allen allgemeinbildenden Schulen einschließlich des Gymnasiums komme eine entscheidende Bedeutung zu. Präsident Wittlich begrüßte das Bekenntnis des gesamten Erweiterten Ovalen Tischs, die Vorteile der dualen Ausbildung intensiver zu kommunizieren.

„Der Ausbildungsmarkt dreht sich. Waren früher unversorgte Jugendliche das Problem, werden es zukünftig nicht besetzte Lehrstellen sein, die den Unternehmen Probleme bereiten", kommentierte Dr. Gerhard F. Braun die Ausbildungszahlen. Der Präsident der Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz (LVU) betonte, dass besonders die exportorientierten Industriebranchen Chemie sowie Metall und Elektro den Bewerbermangel spürten: „In technischen und naturwissenschaftlichen Berufen fehlt es bereits heute an Nachwuchs.“ Auszubildende in den so genannten MINT-Berufen hätten exzellente Berufsaussichten, betonte Braun. MINT steht für die Disziplinen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. „In der Metall- und Elektroindustrie erhalten 75 Prozent aller Ausgebildeten spätestens nach der im Tarifvertrag vereinbarten Ein-Jahres-Frist einen unbefristeten Vertrag beim Ausbildungsunternehmen“, sagte der LVU-Präsident.

„Die Stärke des rheinland-pfälzischen Wirtschaftsstandortes mit seiner überwiegend mittelständischen Struktur, einem vergleichsweise hohen Anteil gewerblicher Produktion und dem besonderen Schwerpunkt der touristischen Entwicklung lebt auch von gut ausgebildetem Nachwuchs“, so Ministerpräsident Kurt Beck. Künftig werde dazu gehören, dass Unternehmen ihre Attraktivität als Arbeitgeber deutlich machten. Dazu gehöre auch die Aussicht für Auszubildende, im Anschluss an die Ausbildung übernommen zu werden. „Die Landesregierung ihrerseits trägt dazu mit einem guten Bildungssystem und einer hohen Qualität in den Berufsbildenden Schulen bei. Daran arbeiten wir weiter“, sagte Beck.

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