| 1 Jahr Wiederaufbau

Gemeinsam bauen wir wieder auf – Rund 130 Betroffene und Beteiligte des Wiederaufbaus ziehen Bilanz

Die Naturkatastrophe vom 14. und 15. Juli hat Rheinland-Pfalz bis ins Mark erschüttert. Viele Straßen, Brücken, Gas-, Strom- und Wasserleitungen wurden zerstört. Betroffen waren die Landkreise Ahrweiler, Bernkastel- Wittlich, Cochem-Zell, der Eifelkreis Bitburg-Prüm, die Kreise Mayen-Koblenz, Trier-Saarburg und Vulkaneifel sowie die kreisfeie Stadt Trier. Am schlimmsten betroffen ist das Ahrtal.
Ministerpräsidentin Malu Dreyer bei der Infoveranstaltung zu #WiederaufbauRLP
Ministerpräsidentin Malu Dreyer bei der Infoveranstaltung zu #WiederaufbauRLP
Infoveranstaltung mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Minister/innen Roger Lewentz, Katrin Eder und Daniela Schmitt, Vertreter/innen der Kommunen, Helfer/innen und Betroffenen.
Infoveranstaltung mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Minister/innen Roger Lewentz, Katrin Eder und Daniela Schmitt, Vertreter/innen der Kommunen, Helfer/innen und Betroffenen.
"Ein Jahr Wiederaufbau – Gemeinsam bauen wir wieder auf"
"Ein Jahr Wiederaufbau – Gemeinsam bauen wir wieder auf"
Ministerpräsidentin Malu Dreyer bei der Infoveranstaltung zu #WiederaufbauRLP
Ministerpräsidentin Malu Dreyer bei der Infoveranstaltung zu #WiederaufbauRLP

Dort haben die reißenden Wassermassen auf einer Länge von 40 Kilometern eine nie dagewesene Zerstörung angerichtet. 65.000 Menschen sind betroffen, rund 42.000 Menschen davon im Ahrtal. 9.000 Gebäude wurden zerstört oder stark beschädigt. „Das Schlimmste ist, es gab Tote. 135 Menschen verloren während der Naturkatastrophe ihr Leben, 766 wurden verletzt und zwei werden immer noch vermisst. Trauer und Leid werden wir nicht vergessen und richten gleichzeitig unseren Blick nach vorne: ‚Gemeinsam bauen wir wieder auf‘ ist das Motto. Zusammen mit den Betroffenen, den Kommunen, dem Landkreis, Freiwilligen und professionellen Helfern und Helferinnen aus der Region und ganz Deutschland haben wir schon viel erreicht“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer bei der Diskussionsveranstaltung zur Wiederaufbaubilanz am Nürburgring. Dort kamen etwa 130 Beteiligte des Wiederaufbaus und Betroffene der Flut zusammen, um den aktuellen Stand des Wiederaufbaus aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten.

Mit einem historischen Hilfspaket haben der Bund und die Länder 15 Milliarden Euro für den Nationalen Wiederaufbaufonds allein für Rheinland-Pfalz zur Verfügung gestellt. Über eine halbe Milliarde Euro wurde bislang für Privatpersonen und Unternehmen bewilligt. Insgesamt haben die sieben betroffenen Landkreise und die kreisfreie Stadt Trier mehr als 4.500 Einzelmaßnahmen für den Wiederaufbau der kommunalen Infrastruktur angemeldet. 2.600 davon im Ahrtal. Das Innenministerium hat bereits Maßnahmenpläne mit mehreren tausend Einzelmaßnahmen der betroffenen Kommunen zum Wiederaufbau festgestellt – von der Sanierung von Schulen bis zur Erneuerung zerstörter Brücken. Auf Grundlage der eingereichten Maßnahmenpläne sind für den kommunalen Wiederaufbau rund vier Milliarden Euro vorgesehen, davon allein rund 3,8 Milliarden Euro für den Kreis Ahrweiler. Damit ist die Grundlage für ein kurz- und mittelfristiges Investitionsprogramm gelegt, das unter normalen Bedingungen Jahrzehnte in Anspruch nehmen würde. Hinzu kommen Soforthilfen in Höhe von über 167 Millionen Euro, die die Landesregierung unmittelbar an Betroffene ausgezahlt hat, um akute Not zu lindern, und 18,8 Millionen Euro aus dem Landesspendenkonto, die über die Kommunen an die Betroffenen ausgezahlt wurden. „Über 500 Millionen Euro haben wir an Wiederaufbauhilfe bewilligt.  Auch wir wollen, dass die Flutbetroffenen an das Geld kommen, das sie zum Wiederaufbau brauchen, deswegen intensivieren wir die Unterstützung bei der Antragstellung neben Telefon-Hot-Lines, Info-Points jetzt auch mit Hausbesuchen “, so Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Sie dankte bei der Diskussionsveranstaltung auch den vielen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Helferinnen und Helfern.

Schon früh haben alle Beteiligten erklärt, dass sie nachhaltig und innovativ wiederaufbauen wollen. Für eine zukunftsfähige und klimaangepasste Entwicklung des Ahrtals und der weiteren von der Naturkatastrophe betroffenen Gebiete wird auch die Wissenschaft eingebunden, die den Wiederaufbau in vielen Bereichen mit wissenschaftlicher Expertise unterstützt. Dafür wurde das Kompetenznetzwerk ‚Wissenschaft für Wiederaufbau` von der Landesregierung in Zusammenarbeit mit den rheinland-pfälzischen Hochschulen ins Leben gerufen.

„Zum Wiederaufbau gehört auch, die seelischen Wunden zu lindern. Insbesondere das Traumahilfezentrum, das seit November 2021 als direkte Anlaufstelle Hilfe und Unterstützung bietet, leistet dabei wertvolle und direkte Hilfe vor Ort“, so Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Ergänzend dazu baut derzeit der Opferbeauftragte des Landes Rheinland-Pfalz in Kooperation mit dem „Paritätischen Landesverband Rheinland-Pfalz/ Saarland“ und den Selbsthilfekontaktstellen „Westerwälder Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe“ und „Selbsthilfe Kontakt- und Informationsstelle Trier (SEKIS)“ im Krisengebiet eine langfristige, psychosoziale Nachsorgestruktur auf. Weiter unterstützt das Land die Geschäftsstelle des Kompetenznetzwerks „Wissenschaft für den Wiederaufbau“ an der Hochschule Koblenz mit 130.000 Euro. Damit sollen die Hochschulen und Forschungseinrichtungen in den Wiederaufbauprozess eingebunden werden.

Alle kleinen Kinder können wieder in Kitas gehen, an einigen Standorten werden Container-Lösungen genutzt. Alle Schulen werden wieder jeweils am Standort betrieben, mit Ausnahme der beiden Förderschulen und der Grundschule Dernau. Die Grundschule Dernau zieht in den Sommerferien in Container in Dernau-Marienthal. Auch für die beiden Förderschulen wird im kommenden Schuljahr eine vorübergehende Container-Lösung fertig gestellt. Fünf Krankenhäuser und zwei Rehakliniken wurden durch die Naturkatastrophe beschädigt. Sie werden instandgesetzt – ausgenommen das Krankenhaus Trier-Ehrang, der Träger hat sich dort dagegen entschieden.

„Die erfolgte Feststellung der Maßnahmenpläne ist ein wichtiger Meilenstein für den Wiederaufbau und gibt den Kommunen Planungssicherheit für die kommenden Jahre“, betonte Innenminister Roger Lewentz. Zum 30. September 2022 sollen die Maßnahmenpläne erstmalig fortgeschrieben werden. „Die Städte und Dörfer brauchen die Flexibilität, ihre Vorhaben, wo nötig, anzupassen. Daher ist es auch möglich, die Maßnahmenpläne zu ändern oder zu ergänzen“, so der Minister. Im Bereich des Sportstättenbaus hat sich die Landesregierung beim Bund dafür eingesetzt, im Sinne einer bedarfsgerechten Sportstätteninfrastruktur mehrere Sportanlagen zu einer gemeinsamen Sportanlage zusammenfassen zu können. Der Bau soll ebenfalls aus dem Aufbauhilfefonds gefördert werden. Durch die Möglichkeit, mehrere Sportanlagen in interkommunaler Kooperation zusammenzufassen, wird den besonderen Interessen der Region Rechnung getragen. „Mir war es ein persönliches Anliegen, dass sich durch den Wiederaufbau künftig mehrere Gemeinden, die dies wollen, einen gemeinsamen, aber gut ausgestatteten Sportplatz teilen können. Das ist von einigen Gemeinden und Vereinen ausdrücklich gewünscht. Ich bin froh, dass wir eine Lösung gefunden haben, solche Gemeinschaftslösungen in die Förderung aufzunehmen“, sagte Innenminister Lewentz.

Das Innenministerium hatte zudem im Bereich der klassischen Kommunalentwicklung eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, um festzustellen, ob das ehemalige Gelände der Firma Brohl Wellpappe in Ahrbrück in Ersatzsiedlungsflächen umgewandelt werden kann. Die Machbarkeitsstudie wurde im März dem Gemeinderat als grundlegendes Entwicklungskonzept für die Konversionsmaßnahme vorgelegt und beschlossen. „Ziel der Konversionsmaßnahme ist es, Möglichkeiten zum Wohnen, Arbeiten und für die öffentliche Infrastruktur zu schaffen. Das Gesamtvorhaben wird mit insgesamt 684.000 Euro unterstützt“, so Innenminister Lewentz. Den entsprechenden Bescheid hat der Minister bereits im Februar überreicht.

Nach der Flut mussten alleine im Landkreis Ahrweiler 350.000 Tonnen Abfälle, das entspricht dem Sperrmüllaufkommen von 40 Jahren, und 53.000 Tonnen Schlamm entsorgt werden, um mit dem Wiederaufbau beginnen zu können. Für die Entsorgung wurden im Bereich der kommunalen Infrastruktur bislang Fördermittel in Höhe von insgesamt 151 Millionen Euro bewilligt. Die Kosten hierfür werden zu 100 Prozent aus dem Aufbauhilfefonds erstattet.

Bei Einwohnerversammlungen und einer Reihe an persönlichen Gesprächen im Ahrtal steht die Landesregierung seit einem Jahr im engen Dialog mit den betroffenen Kommunen. „Die Information und der Austausch waren und sind weiterhin enorm wichtig, denn wir stehen solidarisch an der Seite derer, die den Wiederaufbau vor Ort stemmen. Bei 25 Einwohnerversammlungen haben wir mehr als 4.500 Bürgerinnen und Bürger informiert, bei einer ganzen Reihe an Terminen vor Ort haben wir mit den Betroffenen gesprochen“, sagte die Wiederaufbaubeauftragte, Staatssekretärin Nicole Steingaß.

„Die Verarbeitung der verheerenden Hochwasserkatastrophe, aber auch der umfassende Wiederaufbau wird noch Jahre in Anspruch nehmen. Die Menschen im Ahrtal brauchen Sicherheit und Lebensqualität. Das ist unsere allererste Verpflichtung“, erklärte Klimaschutzministerin Katrin Eder.

 „Ein Jahr nach diesem einschneidenden Ereignis blicken wir zurück und nach vorne: Zunächst musste die zerstörte Trinkwasserversorgung im Ahrtal wiederaufgebaut, Abwassersysteme samt Kläranlagen mussten repariert und neu errichtet werden. Die Energie- und Wärmeversorgung wurde wiederhergestellt. Zudem wurde sehr schnell ein Überschwemmungsgebiet ausgewiesen, um Planungssicherheit beim Wiederaufbau zu gewährleisten. Bei allem Handeln war und ist klar, dass es nicht nur um Wiederherstellung, sondern auch um mehr Sicherheit und Nachhaltigkeit geht“, so Ministerin Eder.

Zentral ist die Verbesserung der Hochwasservorsorge. Hier arbeitet das Umweltministerium etwa im Rahmen der Hochwasserpartnerschaft Ahr eng mit den Kommunen zusammen. „Ein Meilenstein war, dass Ende Oktober 2021 beschlossen wurde, ein gemeinsames ortsübergreifendes Hochwasservorsorgekonzept Ahr zu entwickeln. Dabei geht es unter anderem um mehr Rückhaltepotenziale in der Fläche. Nicht nur der technische Hochwasserschutz ist entscheidend, sondern auch ein Bündel unterschiedlicher Maßnahmen wie Umbau des Waldwegenetzes, eine bodenschonende Feldbewirtschaftung oder abflusshemmende Gehölzriegel. Um die Hochwasservorsorge zu verbessern, ist ein großes Maß an Kooperation notwendig – daher werben wir unter anderem für die Gründung von kommunalen Gewässerzweckverbänden“, betonte Klimaschutzministerin Katrin Eder.

Um die Zusammenarbeit zu stärken, werden überörtliche Maßnahmen zur Hochwasservorsorge vom Klimaschutzministerium besonders unterstützt. Hier gilt ein spezieller Fördersatz von bis zu 90 Prozent.

Im Abwasserbereich wurde und wird die Kanalisation hochwassersicher ausgebaut. Hochmoderne Kläranlagen entstehen – wie beispielsweise in Dümpelfeld und Sinzig. Hier laufen Klimaschutz-, Umweltschutz und Gewässerschutz zusammen.

Große Fortschritte wurden zudem bei der Wiederherstellung der Wärmeversorgung erzielt. „Beispielhaft ist der nachhaltige Wiederaufbau der Wärmeversorgung in Marienthal. Hier wird auf regenerative Energie in einem Nahwärmenetz, das mit Sonnenenergie und Pellets betrieben wird, gesetzt. Marienthal könnte der erste Ort im Ahrtal mit einer klimaneutralen Wärmeversorgung sein“, erklärte Ministerin Eder. Die Energieagentur hat das Projekt eng begleitet. Es wird zudem vom MKUEM über EU-Töpfe mit 680.000 Euro gefördert.

„Was am Abend und in der Nacht des 14. Juli im Ahrtal und auch in Teilen der Region Trier und der Eifel geschehen ist, war ein tiefgreifender Einschnitt in das Leben vieler betroffenen Menschen“, sagte Daniela Schmitt, Ministerin für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau. „Mich beeindruckt, wie schnell die Bürgerinnen und Bürger diese enorme Herausforderung – trotz aller Tragik, trotz aller Trauer – angenommen haben und ihre Region neugestalten möchten.“ Die Landesregierung tue alle, um dieses Engagement zu unterstützen und zu flankieren. „Bereits sechs Wochen nach der Flut hat der Landesbetrieb Mobilität ermöglicht, dass alle Ortschaften wieder über das klassifizierte Straßennetz erreichbar waren. Das war ein Schlüsselerfolg für viele Bereiche hier im Ahrtal: Viele grundlegende Wiederaufbaumaßnahmen waren überhaupt erst möglich, weil Handwerker die Orte erreichen konnten.“

Und doch sei das Leben der Menschen an der Ahr noch immer von der Flut geprägt. „Deshalb habe ich Verständnis für alle, die sich wünschen würden, dass der Aufbau noch schneller vorangeht, die Normalität noch rascher Einzug hält“, sagte die Ministerin. Daran arbeite man mit Hochdruck. Schmitt betonte, wie wichtig dabei die unkomplizierte, direkte Vergabe und wie zentral die Arbeit des Projektbüros des LBM in Sinzig für den Straßen-, Brücken- und Radwegebau sei. Das schnelle und unbürokratische Vergabeverfahren gelte bis heute und ermögliche es, auch Großprojekte wie den Neubau der B9-Brücke bei Sinzig in Rekordzeit voranzutreiben. „Auch in anderen Bereichen – sei es in der Förderung von Wirtschaftsunternehmen, dem Wiederaufbau in den Weinbaubetrieben oder dem Neustart des Tourismus – haben wir viel erreicht. Doch dabei haben wir stets im Hinterkopf, dass es noch mindestens genau so viel zu tun gibt“, sagte Schmitt, und versicherte ihre Unterstützung: „Gemeinsam wollen wir das Ahrtal wieder zu der einzigartigen und wunderschönen Region machen, die wir alle schätzen.“

„Es ist viel passiert in diesem Jahr nach der Flutkatastrophe. Wir haben Unterstützung von vielen Seiten erhalten, dafür sind wir sehr dankbar. Aber die Zerstörung war immens und wir stehen an vielen Stellen noch am Anfang. Und es gibt weiterhin viele Fragen, die noch unbeantwortet sind. Wir wollen das Ahrtal nachhaltig und zukunftsgerichtet aufbauen. Dafür brauchen wir dringend gesetzliche Regelungen, die flexibel auf die unterschiedlichen Anforderungen in unserer Ausnahmesituation eingehen. Und wir brauchen eine Lösung dafür, wie alle erforderlichen Maßnahmen sinnvoll und schnell ineinandergreifen können. Hier sind das Land und der Bund gefragt. Nur gemeinsam im Schulterschluss mit allen Ebenen können wir die vor uns liegenden Aufgaben stemmen“, so Cornelia Weigand, Landrätin des Kreises Ahrweiler.

„Die Flut hat sehr viel Leid über die Menschen im Ahrtal gebracht. Wir Marienthaler sehen das Leid aber gleichzeitig auch als Chance, um unser Dorf schöner als vor der Flut zu machen. Dazu haben wir mit unserer Dorfwärme und dem Bau der neuen Dorfmitte die Weichen gestellt. Wir bauen unsere Häuser wieder auf und blicken hoffnungsfroh in die Zukunft. Wir wollen aber auch unsere 5 Toten im Dorf nicht vergessen und sie werden durch einen Gedenkstein auf unserem Dorfplatz unvergessen bleiben. Wir hoffen, dass die Behörden und Organisationen ihre Lehren aus dieser Flut ziehen werden, und dies dabei hilft, zukünftige Katastrophen besser zu meistern,“ so Rolf Schmitt Flutbetroffener aus Marienthal. Unverzichtbar beim Wiederaufbau war auch die Rolle der bis zu 100.000 freiwilligen Helfer und Helferinnen, viele sind nach wie vor präsent.

„Auch nach einem Jahr ist im Ahrtal noch so viel zu tun, dass es sinnvoll ist, alle Kräfte zu bündeln, sei es von behördlicher Seite, von Hilfsorganisationen oder freiwilligen Helfern, um gemeinsam Wiederaufbauhilfe zu leisten. Dabei würde ich mir wünschen, dass alle an einem Strang ziehen, und zwar tatsächlich auch in die gleiche Richtung anstatt gegeneinander wie beim Tauziehen. Auch wenn sie andere Herangehensweisen und Blickwinkel haben, haben doch aus meiner Sicht alle Beteiligten das Wohl der Betroffenen und einen bestmöglichen Wiederaufbau im Blick. Wir Menschen im Ahrtal brauchen eine Perspektive, um zu bleiben. Das bedeutet Wohnraum, Arbeit und Sozialgefüge. Bei der Hilfestellung für Betroffene darf keiner dieser Bereiche außer Acht gelassen werden. Ziel muss sein, den Menschen schnellstmöglich Wege zu ebnen, um wieder selbstbestimmt und unabhängig ihr Leben führen zu können“, sagte Missy Motown, Geschäftsführerin des Helfer-Stabs.

Gewässereinzugsgebiete müsse man künftig unabhängig von Kommunal- und Ländergrenzen betrachten. Gerade an den kleineren Gewässern in den Mittelgebirgen solle die gezielte Vorwarnung der Einsatzkräfte und der Bevölkerung deutlich verbessert werden. Es werde wichtig werden, der Hochwasserdemenz entgegen zu wirken und die Vorsorge und das Verhalten bei Hochwasserereignissen immer wieder durch Übungen ins Bewusstsein zu rufen, merkte Prof. Dr. Lothar Kirschbauer von der Hochschule Koblenz an.

Die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) setzt die Wiederaufbauhilfe für Privatpersonen und Unternehmen um. Laut ISB-Vorstandsmitglied Dr. Ulrich Link könne man Anträge seit Ende September vergangenen Jahres stellen. Knapp 11.000 Anträge mit einem Volumen von über 500 Millionen Euro seien mittlerweile bewilligt worden. Man könne Anträge auf Wiederaufbau noch bis Ende Juni 2023 stellen. Aufgrund von Neueinstellungen qualifizierten Personals und der Unterstützung von Mitarbeitenden der Landesregierung habe die Bewilligungskapazität deutlich erhöht werden können.

Die Hilfsbereitschaft, welche die von der Flut betroffenen und zerstörten Betriebe im Ahrtal erfahren haben, verdiene Dank und Anerkennung. Die Neustarts vieler Betriebe machen Hoffnung. Doch es werde immer klarer, dass der Wiederaufbau länger dauere als erwartet. Die Betriebe würden die unvermeidbare Antragsbürokratie und generell die Schwerfälligkeit der Entscheidungen bemängeln. Mit Blick auf viele gute Ideen werde mehr Spielraum für einen Neuaufbau gewünscht. Die IHK stehe den Betrieben, der Politik und der Verwaltung weiterhin mit Rat und Tat zur Seite, so Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer IHK Koblenz.

Gemeinsam bauen wir wieder auf. Ein Jahr nach der Naturkatastrophe am 14./15. Juli 2021 hat die Landesregierung Rheinland-Pfalz eine ausführliche Broschüre zum Wiederaufbau vorgelegt. Auf 257 Seiten dokumentiert das Kompendium, was die vielen Helferinnen und Helfer, Landkreise, Gemeinden und Städte, die Hilfsorganisationen, die Wirtschaft, unzählige Initiativen und die Landesregierung in den zwölf Monaten nach der Flutnacht geschafft haben.

Die Broschüre „Ein Jahr Wiederaufbau in Rheinland-Pfalz“ (PDF, 257 Seiten, 50,4 MB) steht unter wiederaufbau.rlp.de zum Download zur Verfügung.

 

Der Wiederaufbau in Zahlen

 

Soforthilfen

Zur Überbrückung akuter Notlagen haben der Bund und das Land Rheinland-Pfalz (jeweils hälftig) Soforthilfen als schnelle finanzielle Hilfe zur Verfügung gestellt. Rheinland-Pfalz hat bis Jahresende 2021 Soforthilfen in Höhe von 167,25 Millionen Euro ausgezahlt:

Soforthilfe Privatpersonen

Bei den Privatgeschädigten konnten Soforthilfen bis zu 3500 Euro pro Haushalt ausgezahlt werden. Die geschädigten Personen mussten ihre Betroffenheit nur durch eine Erklärung im Antrag angeben. Insgesamt wurden rund 35,3 Mio. Euro Soforthilfe ausgezahlt. Es wurden über 22.600 Anträge gestellt, wovon über 17.400 bewilligt wurden. Es sind keine Anträge offen.

Soforthilfe Kommunen bis Ende 2021

Bis Ende 2021 wurden insgesamt 118,85 Millionen Euro Soforthilfen zur finanziellen Unterstützung der Gemeinden und Gemeindeverbände bei der ersten Instandsetzung kommunaler Infrastruktur, bei der Reinigung und Räumung sowie bei sonstigen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Gefahrenabwehr und Schadensbeseitigung ausgezahlt. Hiervon wurden bereits Anfang August 2021 ohne Antrag Soforthilfen in Höhe von 60 Millionen Euro an die betroffenen Landkreise und die kreisfreie Stadt Trier ausgezahlt. Der Anteil des Landkreises Ahrweiler lag bei rund 42,5 Millionen Euro. Darüber hinaus hat der Landkreis Ahrweiler aufgrund mehrerer Bedarfsnachweise weitere rund 59 Millionen Euro Soforthilfen erhalten, sodass die Summe der bisherigen Soforthilfen für den Landkreis Ahrweiler rund 101,5 Millionen Euro beträgt.

Soforthilfe Unternehmen

13,1 Millionen Euro Soforthilfen wurden an Unternehmen ausgezahlt. Dafür musste nur die Betroffenheit festgestellt werden.

 

Billigkeitsleistungen Kommunen ab 2022

Um Mehrbelastungen im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge abzufedern, sind 2022 im Landeshaushalt 30 Millionen Euro für Billigkeitsleistungen an die von der Flut betroffenen Kommunen veranschlagt. Mit diesen Mitteln können insbesondere verschiedene Belastungen anteilig ausgeglichen werden, die nicht über den Aufbaufonds finanziert werden können. Auch ein anteiliger Ausgleich von Einnahmeausfällen der Kommunen, die auf die Flut zurückzuführen sind, kann durch diese Mittel erfolgen.

Darüber hinaus wurden im Landeshaushalt 2022 weitere zehn Millionen Euro bereitgestellt, um die betroffenen Kommunen im Landkreis Ahrweiler bei den Personalmehrausgaben zu unterstützen, die durch die Flutkatastrophe verursacht werden.

 

Spendenkonto des Landes

Das Land hatte im Juli 2021 ein Spendenkonto für die Opfer der Flutkatastrophe eingerichtet, auf dem zum Kassenschluss 31. Mai 2022 bisher insgesamt rund 18.780.000 Euro eingegangen sind. Von diesen Spenden wurden rund 18.630.000 Euro in sieben Tranchen im Zeitraum vom 26. Juli 2021 bis 9. Februar 2022 an die betroffenen Landkreise und die Stadt Trier ausgezahlt (Quote 99 Prozent), die die Spenden im eigenen Ermessen an die Bedürftigen auszahlen.

 

Wiederaufbauhilfe

15 Milliarden Euro Wiederaufbauhilfe stehen für Betroffene der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz bereit. Darunter fallen die Aufbauhilfen für

*  die Kommunen und sonstige Träger öffentlicher Infrastruktur,

*  Private, Vereine, Stiftungen, Religionsgemeinschaften,

*  Unternehmen und Freie Berufe sowie

*  Land- und Forstwirtschaft.

Aufbauhilfe Kommunen und sonstige Träger gemeindlicher Infrastruktur

Für den Wiederaufbau haben die betroffenen Kommunen alle gemeindlichen Infrastrukturprojekte in die Maßnahmenpläne eingebracht. Diese wurden im April 2022 festgestellt und enthalten über 4.500 Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen von rund vier Mrd. Euro. Die vorgelegten Maßnahmenpläne können fortgeschrieben werden. Die erstmalige Fortschreibung ist zum 30. September 2022 vorgesehen.

Die Maßnahmenpläne verstehen sich als Ausblick auf die kommenden Jahre. Die in den Maßnahmenplänen aufgeführten Maßnahmen sollen bis 30. Juni 2023 von den Kommunen beantragt werden. Die bauliche Umsetzung sämtlicher im Maßnahmenplan enthaltenen Projekte wird mehrere Jahre dauern.

*          Allgemeine kommunale Infrastruktur (MdI)

Im Bereich der „Allgemeinen kommunalen Infrastruktur“ (Straßen, Wege, Plätze, Kindergärten, Schulen usw.) wurden Anträge mit einem Volumen in Höhe von rund 160,3 Millionen Euro bewilligt. Davon wurden rund 147,2 Millionen Euro bereits an die Kommunen ausgezahlt (Stand: 4. Juli 2022).

Die Differenz zwischen bewilligten und noch nicht ausgezahlten Anträgen ist darauf zurückzuführen, dass der Mittelabruf frühestens zwei Monate vor Entstehung der Kosten (also dem Zeitpunkt der Rechnungsstellung) erfolgen kann. Erfolgen Bescheide für Maßnahmen, die erst in der Zukunft umgesetzt werden, können die Mittel dementsprechend erst zu einem späteren Zeitpunkt abgerufen werden. Mitunter verzichten Kommunen auch auf die Möglichkeit, Mittel im Vorgriff auf anstehende Rechnungen abzurufen und nehmen dies erst vor, wenn die Rechnungen tatsächlich vorliegen.

*          Wasser-/Abfallwirtschaft (MKUEM)

Bei der kommunalen Infrastruktur in den Bereichen „wasser- und abfallwirtschaftliche Einrichtungen sowie Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen“ sowie „Hochwasserschutzanlagen und Wasserläufe“ wurden Anträge mit einem Volumen in Höhe von rund 29,6 Millionen Euro bewilligt. Davon wurden rund 12 Millionen Euro an die Kommunen ausgezahlt (Stand 30. Juni 2022).

Die Differenz zwischen bewilligten und noch nicht ausgezahlten Anträgen ist darauf zurückzuführen, dass der Mittelabruf frühestens zwei Monate vor Entstehung der Kosten (also dem Zeitpunkt der Rechnungsstellung) erfolgen kann. Erfolgen Bescheide für Maßnahmen, die erst in der Zukunft umgesetzt werden, können die Mittel dementsprechend erst zu einem späteren Zeitpunkt abgerufen werden. Mitunter verzichten Kommunen auch auf die Möglichkeit, Mittel im Vorgriff auf anstehende Rechnungen abzurufen und nehmen dies erst vor, wenn die Rechnungen tatsächlich vorliegen.

Krankenhäuser und Rehakliniken (MWG)

Fünf Krankenhäuser und zwei Rehakliniken wurden schwer beschädigt. Sechs Einrichtungen werden wiederhergestellt. Das Krankenhaus Trier-Ehrang bleibt nach der Entscheidung des Trägers geschlossen. Wiederaufbauhilfen in Höhe von rund 14,82 Mio. Euro wurden bereits bewilligt (Stand 27. Juni 2022).

Das Land hat eine Kooperationsvereinbarung mit dem Kreis Ahrweiler und dem Hospiz-Verein Rhein-Ahr, der Dr. von Ehrenwall'schen Klinik und der DRK-Fachklinik Bad Neuenahr zur Unterstützung der Kreisverwaltung bei der Planung und Koordination der Hilfen im Bereich der psychischen Gesundheit unter den besonderen Herausforderungen der Flutkatastrophe und beim Aufbau eines regionalen Traumanetzwerks unterzeichnet. Das Land Rheinland-Pfalz unterstützt diese Zusammenarbeit bis zum Jahr 2023 mit 183.000 Euro. Anfang Dezember 2021 öffnete das Traumahilfezentrum in Grafschaft-Lantershofen. Dort werden kostenfreie offene Sprechstunden für Menschen aller Altersgruppen mit psychischen oder psychosozialen Problemen und für Helfer angeboten. Hier finden Einzelberatungen sowie Gruppenangebote für Betroffene und für Helfer statt. Darüber hinaus werden Fortbildungen durchgeführt. Das Land Rheinland-Pfalz finanziert die Arbeit des Traumahilfezentrums zunächst für drei Jahre mit gut 760.000 Euro.

Aufbauhilfe Unternehmen (MWVLW)

Wöchentlich aktuelle Zahlen finden Sie für die kurzfristige Berichterstattung hier: isb.rlp.de/home/detailansicht/aufbauhilfe-bearbeitungsstand.html

Stand 4. Juli 2022 lagen im Bereich der Unternehmen 265 Anträge vollständig vor, davon sind 182 Anträge mit einem Volumen von rund 203,7 Millionen Euro bewilligt.

Aufbauhilfe Landwirtschaft / Weinbau (MWVLW)

Für Schäden an Gebäuden, Anlagen, Maschinen und Vorräten wurden Stand 27. Juni 2022 bislang rund 2,9 Mio. Euro bewilligt für 19 Abschlagszahlungen und 13 Schlusszahlungen. 45 Anträge liegen insgesamt vor. Davon wurden 32 bewilligt und in weiten Teilen ausgezahlt.

Für Flächenschäden innerhalb der Landwirtschaft/Weinbau wurden bislang rund 673.000 Euro ausgezahlt. Hier liegen 229 Anträge für 740 ha geschädigte Flächen vor.

Private Wiederaufbauhilfe (FM)

Wöchentlich aktuelle Zahlen finden Sie für die kurzfristige Berichterstattung hier: isb.rlp.de/home/detailansicht/aufbauhilfe-bearbeitungsstand.html

Insgesamt konnten 9.158 Anträge mit einem Volumen von 114,2 Mio. Euro für Schäden am Hausrat bewilligt werden (Stand 4. Juli 2022). Vollständig gestellte Anträge werden innerhalb weniger Werktage bewilligt. Auszahlungen erfolgen kurz darauf.

In der Gebäudestrecke wurden 1.578 Wiederaufbauanträge betreffend beschädigter Wohngebäude mit einem Volumen von 220,5 Mio. Euro bewilligt (Stand 4. Juli 2022). Tag für Tag können somit neue Abschlagszahlungen und weitere Mittelabrufe beantragt werden.

 

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