Frau Dreyer, am 16. Januar 2013, also vor genau einem Jahr, haben Sie das Amt als Ministerpräsidentin dieses Landes angetreten. Wie ist die persönliche Bilanz nach einem Jahr in diesem Amt?
Dreyer: Ich sage aus vollem Herzen: Ministerpräsidentin dieses schönen Landes zu sein, ist eine wunderbare Aufgabe. Sie ist manchmal sehr intensiv, hin und wieder anstrengend, aber vor allen Dingen absolut erfüllend. Als Ministerpräsidentin treffe ich die unterschiedlichsten Menschen, beschäftige mich mit vielfältigen Themen und kann viel für unser Land und die Menschen tun.
Was war Ihnen in diesem ersten Jahr besonders wichtig?
Dreyer: Mir war es sehr wichtig, in den Dialog mit möglichst vielen Partnerinnen und Partnern zu treten. Ein wichtiger Ansprechpartner war hier die Wirtschaft, denn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind entscheidend für die Lebensqualität der Menschen im Land. Und ich kann sagen: Rheinland-Pfalz ist schon jetzt ein starker Wirtschaftsstandort mit guten Bedingungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, das zeigen nicht zuletzt die niedrigen Arbeitslosenzahlen, Unternehmensansiedlungen oder -ausbau wie von Haribo oder Opel und die große Zufriedenheit der Menschen mit der wirtschaftlichen Situation. Wichtig ist mir, dass Wirtschaft und Wissenschaft zu einem engeren Austausch finden und dass die Wirtschaft auf eine gute Infrastruktur in diesem Land zurückgreifen kann.
Welche weiteren politischen Schwerpunkte setzen Sie?
Dreyer: Die Bildungspolitik bleibt der Markenkern dieser Landesregierung, denn sie ist ebenso wie eine gute Wirtschaftspolitik eine weitere entscheidende Antwort auf den demografischen Wandel. Die Landesregierung zeigt mit den hohen Investitionen in Bildung im kürzlich verabschiedeten Doppelhaushalt, wie ernst sie es damit meint. Dabei ist die Gebührenfreiheit auf dem gesamten Bildungsweg für uns ein Ausdruck sozialer Gerechtigkeit und nicht verhandelbar. Der demografische Wandel mit immer mehr und immer älteren Menschen auf der einen und immer weniger jüngeren Menschen auf der anderen Seite stellt auch unser Land vor immense Herausforderungen. Ich will, dass die Menschen, egal ob sie auf dem Land oder in der Stadt leben, die gleichen Chancen auf ein gutes Leben und die gleiche Sicherheit haben, sei es in der gesundheitlichen Versorgung, der Wohnsituation oder der Verkehrsinfrastruktur. Deshalb habe ich ein Demografiekabinett eingerichtet, das sich damit beschäftigt, wie man dies gewährleisten kann. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Energiewende. Sie ist ein großes Vorhaben, das Generationen übergreift und die Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltig verändern wird. Hier haben wir weitere Schritte unternommen, um bis zum Jahr 2030 den Stromverbrauch bilanziell zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien zu decken.
Der erste Doppelhaushalt in Ihrem Amt als Ministerpräsidentin stand unter einem erheblichen Spardruck? Sehen Sie das Land hier auf einem guten Weg?
Dreyer: Der Landeshaushalt steht wie fast alle öffentlichen Haushalte unter enormem Spardruck. Wir setzen in unserem Haushalt klare politische Schwerpunkte, denn wir wollen, dass Rheinland-Pfalz ein Land der Chancen für alle ist. Wichtig bleiben die bereits erwähnte kostenfreie Bildung von Anfang an, starke und handlungsfähige Kommunen, gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und die Bewahrung der Natur sowie das Vorantreiben der Energiewende.
Zu den Investitionen in die Zukunftsfähigkeit gehört aber auch, dass an anderer Stelle hart gespart und damit die Schuldenbremse eingehalten wird. Auf dem Weg bis zu einem strukturellen Defizit von Null im Jahr 2020 hat das Land bereits ein gutes Stück zurückgelegt, aber gleichwohl noch einen langen Weg vor sich. Das bedeutet, dass auch schmerzhafte Maßnahmen ergriffen werden müssen, beispielsweise in Form von Personalabbau oder der Begrenzung des Besoldungsanstiegs bei den Landesbediensteten.
Was ist Ihnen als nächstes wichtig?
Dreyer: Mein erstes Jahr als Ministerpräsidentin war davon geprägt, mich in viele Themen einzuarbeiten und viele Termine auch des Kennenlernens zu absolvieren. Ich freue mich darauf, dass ich nun mehr Kapazitäten haben werde, hinaus ins Land zu gehen und noch mehr mit den Bürgerinnen und Bürgern, unseren vielen Vereinen und Verbänden, unseren Unternehmen und Kulturschaffenden ins Gespräch zu kommen. Ab Februar werde ich beispielsweise flächendeckend alle Regionen in Rheinland-Pfalz bereisen. Der Auftakt wird am 10. Februar im Donnersbergkreis und in Kusel sein. Im Mittelpunkt wird der Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern stehen, ich werde Einrichtungen und Orte besuchen, die beispielgebend und vorbildlich sind: Innovative Unternehmen, Bildungseinrichtungen oder Projekte, die beispielhaft für das Miteinander der Generationen sind, aber auch historische, kulturelle und besondere Orte, die für unser schönes Land stehen.
Malu Dreyer: 2014 wird mein Jahr der regionalen Begegnungen
Interview mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer zum Jahrestag ihres Amtsantritts am 16. Januar 2014:
