Mehrländerantrag zum Energiekonzept im Bundesrat eingebracht

Rheinland-Pfalz hat am Freitag gemeinsam mit Berlin und Nordrhein-Westfalen einen Entschließungsantrag zum Energiekonzept in den Bundesrat eingebracht, teilen Ministerpräsident Kurt Beck und Umweltministerin Margit Conrad mit.
Beck und Conrad; Bild: STK-Archiv
Beck und Conrad; Bild: STK-Archiv

 Die Länder fordern darin für das Energiekonzept wegen dessen weitreichenden Konsequenzen für Klimaschutz, Energiewirtschaft, Wettbewerb und Arbeitsplätze ein Verfahren, das der Bedeutung der Entscheidungen und dem Respekt vor dem Verfassungsorgan Bundesrat gerecht wird. Auch seien erhebliche Auswirkungen auf das Finanzgefüge zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu bedenken.

Im Entschließungsantrag der drei Länder wird die Beschränkung der Mitwirkungsrechte des Bundesrates kritisiert. Ministerpräsident Beck und Umweltministerin Conrad haben sich wiederholt gegen die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken ausgesprochen und das beabsichtigte Durchpeitschen der Gesetzentwürfe kritisiert. Rheinland-Pfalz hat eine Klage angekündigt für den Fall, dass ohne die Zustimmung des Bundesrates eine gesetzliche Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerk erfolgt.

Der Entschließungsantrag vertritt für die Seite der Länder u.a. folgende Auffassungen:

Der Bundesrat lehnt jede Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken über die im Atomgesetz festgelegten Reststrommengen hinaus ab. Mehrere Rechtsgutachten vertreten die Auffassung, dass eine Novellierung des Atomgesetzes der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

Eine Laufzeitverlängerung wird auch deshalb abgelehnt, weil ein Endlager für hochradioaktive Abfälle nicht absehbar ist noch ausreichend Vorsorge gegen einen auch gezielten terroristischen Flugzeugabsturz getroffen wird.

Mit der geplanten Laufzeitverlängerung würde die Bundesregierung den vier großen Energieversorgern eine zusätzliche Erzeugung von großen Strommengen aus bereits abgeschriebenen Atomkraftwerken ermöglichen. Dies ist ein erheblicher Eingriff in den Wettbewerb auf dem deutschen Strommarkt zu Lasten der kommunalen und mittelständischen Energiewirtschaft. Bereits getätigte Investitionen von ca. 6 Milliarden Euro werden gefährdet und geplante Investitionen in ähnlicher Höhe in Frage gestellt. Mangels Wettbewerbs sind auch keine günstigeren Strompreise zu erwarten. Bereits heute werden günstige Stromgestehungskosten nicht an die Endkunden weitergegeben.

Auch ohne die Laufzeitverlängerung ist keine Stromlücke zu erwarten. Eine Verlängerung der Atomlaufzeiten führt aber zunehmend zu einer Konkurrenz zwischen unflexiblen Atomkraftwerken und regenerativ erzeugtem Strom. Das bremst den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Zu befürchten ist, dass dies den Ausbau der Erneuerbaren Energien bremst und perspektivisch den Vorrang der Erneuerbaren Energien in Frage stellt.

Auch fehlt ein tragfähiges Konzept für die notwendige Integration der Erneuerbaren. Das Energiekonzept beschränkt sich im Wesentlichen auf Übertragungsnetze und Großspeicherlösungen. Regionales und lokales Energiemanagement, der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung und andere Punkte fehlen.

Die Laufzeitverlängerung setzt für den Arbeitsmarkt keine Impulse. Mit Sorge wird registriert, dass in den dem Energiekonzept der Bundesregierung zugrunde liegenden Szenarien ein Arbeitsplatzzuwachs erst nach Auslaufen der AKW-Laufzeiten prognostiziert wird. Die Rückwärtsorientierung auf große und zentrale Versorgungsstrukturen schadet dem stark mittelständisch geprägten, innovativen Wirtschaftsstandort Deutschland. Eine Verdrängung von effizienten und klimaverträglichen Energieträgern sowie eine vorzeitige Verdrängung von heimischen Energieträgern aus dem Stromerzeugungsmarkt lässt massive Arbeitsplatzverluste befürchten.

Die Brennelementesteuer soll nach dem Verständnis der antragstellenden Länder in erster Linie Wettbewerbsvorteile der Atomkraft gegenüber anderen Energieträgern, z.B. solchen, die dem Emissionshandel unterliegen, kompensieren. Darüber hinaus ist auch eine stärkere finanzielle Beteiligung der Atomkraftwerksbetreiber an den Kosten der Endlagerung von Atommüll in Milliardenhöhe, wie sie z.B. bei der Sanierung des maroden Atommülllagers Asse anfallen, notwendig.

Weil die vertraglichen Absprachen der Bundesregierung mit den AKW-Betreibern im Rahmen des Förderfondsvertrages weitreichende haushalts- und finanzwirksame Festlegungen enthalten, haben diese durch den Gesetzgeber zu erfolgen. Der Bundesrat spricht sich insbesondere gegen die vorgesehene Regelung aus, wonach Nachrüstungsmaßnahmen, wenn sie mehr als 500 Millionen Euro pro Atomkraftwerk kosten, zu einer Reduzierung der Gewinnabgaben der Energieversorgungsunternehmen aus der Laufzeitverlängerung führen. Dies führt zu einem fatalen Interessenskonflikt zwischen den Sicherheitsanforderungen an Atomkraftwerke und den Einnahmeerwartungen des Bundes.

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