Da die Maßnahmen des Landes mit Bundes- und auch EU-Maßnahmen abgestimmt werden, war Ministerpräsident Alexander Schweitzer dankbar für den Impulsvortrag des geschäftsführenden Bundesministers der Finanzen, Dr. Jörg Kukies, zum Thema „Aktuelle Lage und mögliche Entwicklungen der Weltwirtschaft - Und was bedeutet das für RLP?". Kukies war erst vor wenigen Tagen beim IWF-Treffen in Washington, um für offenen Handel zu plädieren. Am 3. Juni wird das Landeskabinett dann in Brüssel tagen, um die Gespräche dort fortzusetzen, und im September reist Ministerpräsident Alexander Schweitzer mit Kabinettsmitgliedern nach Washington D.C., um auch dort für die transatlantische Partnerschaft und Rheinland-Pfalz – das wie kein anderes Bundesland mit den USA verknüpft ist - zu werben. Das Maßnahmenpaket der Landesregierung umfasst weiterhin ein zweites Bürokratie Entlastungspaket, Unterstützung der Landesregierung beim Aufbau neuer Handelskontakte nach Indien und eine Vertiefung der Handelsbeziehung mit China.
„Rheinland- Pfalz steht wirtschaftlich stark da – wir wollen die Weichen dafür stellen, dass es auch in Zukunft so bleibt. Unser Bundesland ist ein starkes Exportland mit einem hohen Anteil an international vernetzten Unternehmen. Insbesondere die Pharma- und Chemieindustrie, der Maschinen- und Anlagenbau, die Automobilzulieferer sowie der Wein- und Lebensmittelsektor unterhalten enge wirtschaftliche Beziehungen zu den USA. Gerade in unsicheren Zeiten braucht es daher Verlässlichkeit. Die Landesregierung wird die Unternehmen auch in der aktuellen Handelskrise durch gute und verlässliche Rahmenbedingungen und gezielte Maßnahmen dabei unterstützen, sich wettbewerbsfähig aufzustellen und ihre Potenziale auf den Weltmärkten auszuschöpfen“, sagten Ministerpräsident Alexander Schweitzer, Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt und Arbeitsministerin Dörte Schall anlässlich des Spitzengesprächs Wirtschaft in Mainz. „Unsere Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik steht für Stabilität, Zukunftsorientierung und Diversifizierung, damit wir gemeinsam bestehende Handelsbeziehungen - zum Beispiel mit China -festigen, neue Märkte – zum Beispiel in Indien - erschließen und so Wertschöpfung und Wohlstand in Rheinland-Pfalz erhalten sowie gute Arbeit für die Beschäftigten sichern.“ Um rheinland-pfälzische Unternehmen weiter zu entlasten, werde die Landesregierung mit einem zweiten Bürokratieabbau-Paket noch vor der Sommerpause für weitere Erleichterungen und Vereinfachungen für Unternehmen sorgen.
Die USA sind nach Frankreich zweitwichtigster Handelspartner für Rheinland-Pfalz. Im Jahr 2024 exportierten rheinland-pfälzische Unternehmen Waren im Wert von 5,1 Milliarden Euro in die Vereinigten Staaten, dies entspricht 9,0 Prozent aller Ausfuhren aus Rheinland-Pfalz.
Der Ministerpräsident führte aus, dass es darum gehe, die negativen Auswirkungen der US-Zollpolitik auf Unternehmen und Beschäftige bestmöglich abzufedern, für gezielte Entlastungen zu sorgen und Arbeitsplätze zu sichern. „Meine Landesregierung setzt deshalb auf engen Dialog mit Unternehmen und Arbeitnehmervertretungen und verfolgt eine aktive Standortpolitik, die auf Stabilität und Zukunftssicherung ausgerichtet ist.“
Die Landesregierung setze sich aktiv für rheinland-pfälzische Unternehmen in Berlin und Brüssel ein und werde die Perspektive der rheinland-pfälzischen Wirtschaft dort einbringen, wo die Weichen der künftigen EU-Handelspolitik gestellt werden. „Wir bringen als Landesregierung die Ergebnisse des heutigen Treffens nach Brüssel. Am 3. Juni 2025 findet der Auswärtige Ministerrat dort statt.“
Gleichzeitig betonte Schweitzer die Bedeutung der transatlantischen Partnerschaft. „Es gibt keine Alternative zum Dialog mit dieser US-Administration. Europa muss es gelingen, ein Freihandelsabkommen zu verhandeln und damit den internationalen Handel zu stärken und zu stabilisieren“, so der Ministerpräsident weiter. Er selbst werde gemeinsam mit mehreren Kabinettsmitgliedern am 27. September 2025 nach Washington D.C. reisen, wo Rheinland-Pfalz den diesjährigen Tag der deutschen Einheit ausrichten wird. „Wir werden dort Gespräche zu wirtschafts- und handelspolitischen Fragen führen sowie zum Militärstandort Rheinland-Pfalz. Das ist zudem eine gute Gelegenheit, um für den Standort Rheinland-Pfalz zu werben“, so Schweitzer weiter.
Ein zentrales Ziel der Landesregierung sei die Erschließung weiterer Absatzmärkte, betonte Ministerpräsident Alexander Schweitzer: „Diversifizierung ist das Gebot der Stunde, um unsere Wirtschaft in Rheinland-Pfalz resilient aufzustellen. So beabsichtigen wir, ein Partnerschaftsabkommen mit einem indischen Bundesstaat abzuschließen. Schon jetzt ist das Land ein wichtiger Partner für Rheinland-Pfalz. Etwa 40 Unternehmen aus Rheinland-Pfalz unterhalten bereits heute eine Niederlassung in Indien, indische Studierende stellen die größte Gruppe ausländischer Studierendender an rheinland-pfälzischen Hochschulen. Die Landesregierung unterstützt Unternehmen bereits seit langem aktiv bei der Vertiefung und Eröffnung wirtschaftlicher Kooperationen mit anderen Ländern. Diese Aktivitäten werden wir intensivieren und gemeinsam mit den Unternehmen neue Absatzmärkte erschließen, um Wertschöpfung und Beschäftigung im Land zu sichern und zu stärken.“
„Die Maßnahmen sind breit gestreut: Ich selbst treffe mich am 20. Mai mit einer hochrangingen Delegation aus China. Das Thema Handel wird im Mittelpunkt der Gespräche stehen. Auch Unternehmen aus Rheinland-Pfalz werden wir mit der chinesischen Delegation in Kontakt bringen“, so Alexander Schweitzer weiter. Rheinland-Pfalz habe überdies über Jahre gewachsene Kontakte zu Brasilien, Argentinien und Chile aufgebaut, die mit dem EU-Mercosur-Abkommen gefestigt werden können.
Bundesfinanzminister Dr. Jörg Kukies erklärte: „Vergangene Woche hat der Internationale Währungsfonds seine globale Wachstumsprognose für 2025 auf 2,8 Prozent herabgestuft und dabei auf die durch die US-Zölle verursachten Störungen hingewiesen. In der Konsequenz heißt das: Die zunehmenden Handelsspannungen drohen unseren Wohlstand nachhaltig zu gefährden. Die Unsicherheit über die künftigen wirtschaftlichen Aussichten ist außergewöhnlich hoch. Der Inflationsdruck hält in vielen Volkswirtschaften an. Und Zölle könnten zum Inflationstreiber werden, weil Produkte teurer werden. Vor diesem Hintergrund ist entscheidend, die Unsicherheit zu reduzieren und zurückzukehren zu einem stabileren und berechenbareren Umfeld. Ich habe deshalb in Washington nachdrücklich dafür geworben, mit der US‑Administration im Gespräch zu bleiben und Verhandlungsbereitschaft zu signalisieren. Klar ist aber auch: sollte es keine Verhandlungslösung geben, muss die Europäische Union Stärke zeigen und bereit sein, mit Gegenmaßnahmen entschlossen zu reagieren. Zudem gilt es, alternative Märkte zu erschließen und in Europa, insbesondere etwa durch Abbau von Bürokratie, wettbewerbsfähiger zu werden.
Bei aller Unsicherheit, die eine angespannte weltwirtschaftliche Lage mit sich bringt, sollten wir unsere hervorragenden Standortqualitäten und Stärken aber nicht kleinreden. Das gilt für Deutschland insgesamt und besonders für Rheinland-Pfalz! Das Land hat eine große unternehmerische Vielfalt. Global Player wie BASF, Boehringer Ingelheim und BioNTech sind hier ebenso zu Hause wie zahlreiche Hidden Champions im Mittelstand und innovative Start-ups. Damit hat es eine hervorragende Ausgangsposition, um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen.“
„Wir brauchen stabile Spielregeln mit den USA. Gleichzeitig gilt es, weitere Märkte zu erschließen und mit Freihandelsabkommen abzusichern. MERCOSUR und CETA sind wichtige Beispiele, weitere müssen folgen. Offene Märkte und freier Handel – das alles hat uns in den letzten Jahrzehnten stärker und wohlhabender gemacht. Ich wünsche das auch für kommende Generationen – auf beiden Seiten des Atlantiks“ sagte Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt, die vergangenen Freitag mit Wirtschaftsverbänden ein Positionspapier zur Aufnahme von Verhandlungen zu einem Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU unterzeichnet hat.
„Mein Haus unterstützt unsere rheinland-pfälzischen Unternehmen sehr konkret bei der Erkundung und Erschließung neuer Märkte. Auch das ist ein Instrument, um der Zollpolitik der USA zu begegnen. So bieten wir als Wirtschaftsministerium Wirtschaftsreisen sowohl in die USA als auch in viele weitere spannende Märkte der Welt wie beispielsweise Brasilien, Indien, Vietnam oder die Türkei an. Diese Wirtschaftsreisen mit B2B-Gesprächen vor Ort und der gegenseitigen Vorstellung der beiden Partnermärkte werden von Jahr zu Jahr stärker nachgefragt“, betonte die Ministerin. Erst kürzlich war Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt mit rund 15 Unternehmen sowie 19 Weingütern und Weinkellereien nach Japan gereist, um unter anderem über die Pro Wine in Tokyo neue Märkte zu erschließen und Geschäftskontakte zu knüpfen und zu festigen.
Die rheinland-pfälzische Ministerin für Arbeit und Transformation, Dörte Schall, erklärte: „Angesichts der unberechenbaren Zollentscheidung der US-Regierung geht es für viele Betriebe mittlerweile um grundsätzliche Fragen der Planungssicherheit sowie die Verlässlichkeit von Lieferketten und Absatzmärkten. Dies hat zumeist auch Auswirkungen auf konkrete Arbeitsplätze und Löhne.“ Als exportstarkes Bundesland sei Rheinland-Pfalz besonders von den Auswirkungen des internationalen Handelskonflikts betroffen. Insbesondere die Schlüsselbranchen wie die Automobil- und Zulieferungsindustrie, der Maschinenbau sowie die Chemie- und Pharmabranche gerieten dadurch zunehmend unter stärkeren Druck, so Ministerin Schall. „Die Landesregierung steht an der Seite unserer Unternehmen und Beschäftigten. Wir schauen dem Handelskonflikt nicht tatenlos zu. Wir handeln – zielgerichtet, verlässlich und gemeinsam mit unseren Partnerinnen und Partnern im Land.“ Ziel des heutigen Austauschs sei es auch gewesen, konkrete Risiken für Betriebe und Beschäftigte zu identifizieren und gemeinsam Strategien zur Abfederung zu entwickeln, so Ministerin Schall.
„Unser Wirtschaftsstandort ist auf eine starke Industrie und ein erfolgreiches Exportgeschäft angewiesen. Doch unsere industrielle Basis gerät zunehmend unter Druck, und im Außenhandel wackeln wichtige Partnerschaften – insbesondere mit den USA. Daher ist es ein wichtiges Signal, dass die Landesregierung sich den Herausforderungen für den Standort stellt. Auch wenn die geopolitischen Spielräume des Landes naturgemäß begrenzt sind, kann sie gerade bei den Standortbedingungen einen entscheidenden Beitrag leisten. Um wirtschaftliche Stabilität zurückzugewinnen, müssen Entlastungen ermöglicht und neue Belastungen konsequent vermieden werden. Das ist entscheidend für die Zukunftsfähigkeit unseres Standortes“, betonte der Präsident der Landesvereinigung der Unternehmerverbände Rheinland‑Pfalz, Johannes Heger.
Der Hauptgeschäftsführer der Chemieverbände Rheinland-Pfalz, Dr. Bernd Vogler sagte: „Neue US-Zölle würden auch die chemisch-pharmazeutische Industrie in Rheinland-Pfalz treffen. Unsere Unternehmen stehen für Weltoffenheit und enge wirtschaftliche Partnerschaften – gerade mit den USA als wichtigem Handelspartner. Jetzt gilt es, flexibel zu reagieren, Risiken klug zu steuern und bestehende Verbindungen zu erhalten. Handelskonflikte kennen keine Gewinner. Umso wichtiger ist es, dass Europa geschlossen handelt und gemeinsam mit internationalen Partnern die Grundlagen eines fairen, regelbasierten Welthandels verteidigt.“
Axel Bettendorf, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Trier und Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern sagte: „Die Handelspolitik der USA sorgt auch im Handwerk für große Unsicherheit. Lieferketten wackeln, Absatzmärkte brechen weg. Das macht Planungen schwierig, treibt die Kosten hoch und schwächt unsere Wettbewerbsfähigkeit - gerade für kleinere Betriebe mit wenig finanziellen Reserven. Wenn jetzt noch höhere Sozialabgaben dazukommen, wird es richtig eng. Deshalb brauchen wir dringend eine spürbare Entlastung durch die Bundesregierung, um das Handwerk in diesen Zeiten zu stärken.”
Karina Szwede, Hauptgeschäftsführerin der IHK für Rheinhessen betonte: „Die Wettbewerbsfähigkeit von Rheinland-Pfalz steht und fällt mit stabilen Rahmenbedingungen und einem starken EU-Binnenmarkt – mehr als die Hälfte unserer Exporte gehen in die EU. Dringend nötig sind eine bessere Harmonisierung nationaler Vorschriften sowie der Abbau von Bürokratie und Regulierungskosten. Hindernisse im Dienstleistungsverkehr und bei Entsendungen müssen reduziert werden. Dabei zeigt unsere IHK-Umfrage Going International 2025, dass sich Unternehmen im internationalen Geschäft zunehmend Handelshemmnissen ausgesetzt sehen – und ihnen hausgemachte Hürden aus Deutschland und Europa stärker zu schaffen machen. Politik vor Ort ist gefordert: Wer Wachstum will, muss jetzt Hürden abbauen, statt neue zu schaffen.“
Susanne Wingertszahn, Vorsitzende DGB Rheinland-Pfalz / Saarland führte aus: „Die US-Zollpolitik wird sich negativ auf die Nachfrage nach Exporten auswirken – auch aus Rheinland-Pfalz. Dies darf auf keinen Fall auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden. Die Antwort muss eine Wirtschaftspolitik sein, die sich an der Binnennachfrage orientiert: Höhere Löhne, eine Stärkung der Kaufkraft, mehr öffentliche Investitionen. Steuersenkungen oder Einschnitte bei den Sozialversicherungen, um Unternehmen zu entlasten, wären der falsche Weg. Es gilt, Beschäftigung zu sichern, dabei hilft das Instrument der Kurzarbeit.“
„Für die rheinland-pfälzische Landwirtschaft steht die Entwicklung des Handels mit den USA derzeit im Fokus. Ein wichtiges Themenfeld dabei ist der Weinexport: Nicht nur angesichts der dortigen geringeren Produktionskosten, niedrigerer Umweltstandards, leichterer Zulassung von Pflanzenschutzmitteln und stellenweise fehlendem Mindestlohn stehen hier Existenzen auf dem Spiel. Viele weitere Weinbaubetriebe werden aufgeben müssen, wenn sich der Weinexport so entwickelt, wie es die aktuelle Lage befürchten lässt“, sagte Ökonomierat Michael Horper, Präsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz.