Sie habe aber auch sehr gerne die Schirmherrschaft übernommen, weil sie das literarisch-politische Kabarett besonders schätze. Die intelligente und anspruchsvolle Kritik stehe in einem erfrischenden Kontrast zu dem Diskussionsklima, das derzeit leider zu oft von Hass und Hetze bestimmt werde. „Besonders am Herzen liegt mir aber auch die Würdigung von Kabarettistinnen. Frauen leisten auf allen Gebieten Herausragendes. Die Anerkennung ihrer Leistungen steht jedoch allzu oft noch in einem Ungleichgewicht dazu, wie die Leistungen der Kollegen wahrgenommen werden. Auch beim ‚Walk of Fame‘ des Kabaretts ist hier noch nachzuholen, da bei 80 Sternen die Künstlerinnen mit gerade einmal 16 Sternen unterrepräsentiert sind“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer.
Heute werde hinter dieses Ungleichgewicht ein Ausrufezeichen gesetzt, wenn gleich drei Frauen einen Stern der Satire verliehen werde. Sie habe die Ehre, den 81. Stern posthum an Hannelore Kaub zu verleihen, die über lange Jahrzehnte die Kleinkunstszene prägte. „Ich widme diesen Stern einer wunderbaren, klugen, streitbaren und begabten Künstlerin, die der politischen Satire und dem politischen Kabarett wichtige und nachhaltige Impulse geschenkt hat‘“, betonte Ministerpräsidentin Malu Dreyer.
„Wir dürfen die Demokratie nicht verplempern!“ Mit diesem Motto hat eine andere große Kabarettistin, Lore Lorenz,1947 in ihrem „Kom(m)ödchen“ Kabarettgeschichte geschrieben. Unsere Demokratie war in Nachkriegsdeutschland noch ganz schwach. Aber auch heute müssen wir sie jeden Tag aufs Neue verteidigen. Das Kabarett mit seinem kritischen Blick auf die Welt bleibt dafür wichtig. Mainz ist die Kabaretthochburg in Deutschland: Der Deutsche Kleinkunstpreis und das Deutsche Kabarettarchiv sind hier zu Hause. Und jetzt kommt die Fortsetzung mit drei neuen Sternen“, sagte Andrea Bähner, die Vorsitzende des deutschen Kabarettarchivs.
Den 82. Stern der Satire für Lore Krainer enthüllte Dr. Iris Fink, Archivleitung Österreichisches Kabarettarchiv. „Lore Krainer, die Vielseitige, agierte satirisch und doch stets versöhnlich. Ihr Herz war immer dabei, auch beim bösesten Seitenhieb.“ Die Verleihung des 83. Sterns der Satire an Nessi Tausendschön übernahm Martina Keiffenheim, Archivleitung Deutsches Kabarettarchiv. „Kabarett und Musik, Politik und Zeitgeist, Tanz und Theater verschmelzen bei ihr in perfekter Harmonie. Ihr Bühnenuniversum ist erfüllt von Jubel und Zorn, von Energie und Spielfreude, unverwechselbar und in überwältigendem Überfluss.“
Bei der anschließenden Indoor-Veranstaltung wurden die drei geehrten Kabarettistinnen auf der Bühne präsentiert: Hannelore Kaub in Form eines Kurzfilms, Lore Krainer durch eine Doppelconférence von Dr. Iris Fink und Schauspieler Roland Knie und Nessi Tausendschön live inklusive einer kabarettistischen Würdigung von Jochen Malmsheimer.
Hannelore Kaub (1936–2017) ist die ‘große Unvollendete‘ der politisch-literarischen Satire. Als künstlerischer Mittelpunkt des 1959 in Heidelberg gegründeten,1969 in Berlin aufgelösten, 1981 für zehn Jahre wiederbelebten „Bügelbrett“ prägte die zornige Utopistin wider besseres Wissen dessen Programme mit ihrer Analyse und Emotion, Wut und Nachdenklichkeit kongenial verbindenden Texten.
Lore Krainer (1930 — 2020) war eine österreichische Pianistin, Kabarettistin, Unterhaltungskünstlerin, Texterin, Komponistin, Vortragende, Autorin und Schauspielerin. Sie war eine der ersten Frauen in Österreich, die Chansons und Lieder textete, komponierte und sich selbst am Klavier begleitete.
Nessi Tausendschön (*1960) ist eine der umtriebigsten und facettenreichsten deutschen Musikkabarettistinen. Mit unverwechselbarer Stimme und Frisur spricht sie bei allem Witz und Charme gesellschaftspolitische Themen an, die manchmal mehr in den Ohren schmerzen als ihre singende Säge.