"Die Tatsache, dass nur die CDU- und CSU-Ministerpräsidenten eingeladen werden zum Gespräch über die Situation der Atomkraftwerke, weil in deren Ländern AKWs stehen, zeigt, wie wenig der Kanzlerin an einer offenen Bewertung der Sicherheit der Atomanlagen liegt. Von den Atommeilern Biblis und Philippsburg sind auch rheinland-pfälzische Städte am Oberrhein bis Mainz betroffen. Man kann sich leicht vorstellen, was für die Sicherheit herauskommt, wenn die Diskussion nur mit jenen Ministerpräsidenten, die sich alle für die Laufzeitverlängerung der veralteten Reaktoren ausgesprochen haben, geführt wird.“
Für die hessische Landesregierung hat die Ministerin für Reaktorsicherheit Lucia Puttrich erklärt, Biblis sei sicher. Dabei sei bekannt, dass Biblis eben kein Reaktor sei, der heutigen Sicherheitsanforderungen entspricht: Die beiden Blöcke in Biblis führen mit 220 Störungen in 10 Jahren die Hitliste der Pannenreaktoren an. Es gibt keinen sicheren Schutz vor einen Flugzeugabsturz. Es bestehen für beide Blöcke keine separaten Notstandssysteme mit verbunkerter Warte. Bei einem Ausfall der Atomkraftwerkswarte in einem der Reaktoren muss dieser von der Warte des anderen Reaktors aus gesteuert werden. Außerdem sind in Biblis bis heute die Sicherheitsauflagen von 1991 nicht komplett umgesetzt. Kritik übt Umweltministerin Margit Conrad auch an dem Vorgehen in Baden-Württemberg: "Wenn dort jetzt die Experten zur Überprüfung der Notstromsysteme ausgeschickt werden, dann ist das Augenwischerei. Die Atomaufsicht muss über die Sicherheitslage in den von ihr überwachten Atomkraftwerken jederzeit im Bilde sein. Wenn sie bis heute nicht wüßte, ob die Anforderungen an diese für die Sicherheit hochrelevanten Systeme erfüllt sind, dann hätte sie versagt und Ministerin Gönner müsste sofort zurücktreten!"
"Wir kennen“, so Conrad, "die deutschen Pannenreaktoren und die Sicherheitsstandards.“ Es sei bekannt, welche Reaktoren nicht oder nicht ausreichend in den letzten Jahren nachgerüstet wurden und welche gegen Havarie infolge von Flugzeugabsturz nicht sicher geschützt sind.
Die Verlängerung der Atomlaufzeiten sei eine rein politische Entscheidung gewesen und ungeachtet des Sicherheitsstatus getroffen worden. "Auch damals wurden Sicherheitsprüfungen angekündigt, aber nicht durchgeführt. Trotzdem wurde die Laufzeitverlängerung durchgepeitscht.“, so Conrad. "Die Ankündigungen der Kanzlerin sind ein reines Placebo, das wir nicht bereit sind zu schlucken." Die Kanzlerin reagiere nach dem alten Muster: Überprüfung ankündigen, gegebenenfalls aussetzen und dann weiter so wie bisher.
Conrad: "Wenn man tatsächlich Konsequenzen ziehen will und auch die deutsche Bevölkerung keinem Risiko aussetzen will (in Japan hätte dieser Fall, so Experten, nie eintreten dürfen) – dann gibt es nur eine Antwort: Alte Reaktoren rasch vom Netz und am Atomausstieg festhalten.